Vortrag von Dr. Ingo Kollar (Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie, LMU München): „Internetkompetenz an Schulen“ - ein Forschungsprojekt zur Förderung naturwissenschaftlicher Grundbildung im Biologieunterricht (S37)
Di. 20.01.2009 (12:00)Kontakt: Franz-Josef Scharfenberg
In Lehrplänen für die naturwissenschaftlichen Fächer an Gymnasien findet sich immer wieder der Anspruch, dass Schülerinnen und Schüler bestimmter Klassenstufen nicht nur fachliches Wissen erwerben, sondern auch Kompetenzen für eine aktive Teilhabe an öffentlichen Diskussionen zu gesellschaftlich relevanten naturwissenschaftlichen Fragen (z. B. zur Grünen Gentechnik) entwickeln sollen. Angesichts der leichten Zugänglichkeit webbasierter Informationsangebote in unserer heutigen Gesellschaft erscheint es dabei besonders wichtig, Schülerinnen und Schüler zu einem reflektierten und zielgerichteten Umgang mit dem Internet zu befähigen, sodass sie schließlich in der Lage sind, zu öffentlichen Debatten auf Basis fachlichen Wissens begründete Positionen zu vertreten. Dieses Ziel wird in dem Projekt „Internetkompetenz an Schulen“ (IKS) verfolgt. IKS richtet sich an Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe Gymnasium und stellt sich als insgesamt zehnstündige Unterrichtseinheit zum Thema „Grüne Gentechnik“ dar, die im regulären Biologieunterricht stattfindet. Mit Ausnahme der Vor- und Nachtestsitzungen werden alle Unterrichtsstunden vom Biologielehrer der jeweiligen Klassen gehalten. In allen Unterrichtsstunden erhält jede/r Schüler/in einen Laptop, mit Hilfe dessen sie/er Dokumente erstellen und im Internet surfen kann. In den Unterrichtsstunden werden drei konsekutive Lernzyklen zu unterschiedlichen Aspekten der Grünen Gentechnik realisiert, die aus je drei Schritten (Exploration von biologischen Hintergrundwissen in einer Onlinebibliothek, gemeinsame Onlinesuche mit der Suchmaschine Google, Plenumsdiskussion) bestehen. In einer empirischen Studie (N = 111 Schüler/innen) wurde vor dem Hintergrund pädagogisch-psychologischer Forschung zur Kleingruppenstrukturierung in Schritt 2 (gemeinsame Onlinesuche) eine experimentelle Variation umgesetzt. Dabei wurden zwei Varianten eines auf den Suchprozess bezogenen Kooperationsskripts (siehe Kollar, Fischer & Hesse, 2006) mit einer unstrukturierten Kooperation verglichen. In der ersten Kooperationsskriptbedingung erhielten die Lernenden während ihres Suchprozesses fortwährend instruktionale Unterstützung, die ihnen dabei helfen sollte, geeignete Suchbegriffe auszuwählen, Trefferlisten erfolgreich zu durchstöbern und aufgerufene Webseiten auf Aspekte wie „Glaubwürdigkeit“, „Relevanz“ und „Wissenschaftlichkeit der Informationen“ hin zu beurteilen. Auf der Grundlage von Studien zur schrittweisen Rücknahme instruktionaler Unterstützung („Fading“) während des Lernprozesses (z. B. Renkl, Atkinson & Große, 2006) wurden diese Vorgaben in der zweiten Kooperationsskriptbedingung schrittweise reduziert. Vor und nach der Lernphase wurden Wissenstests zur Erfassung des domänenspezifischen Wissens und der Internetsuchkompetenz eingesetzt. Erste Ergebnisse zeigen einen signifikanten Effekt der Kooperationsbedingung auf den Erwerb domänenspezifischen Wissens, der sich insbesondere im Erwerb von konzeptuellem Wissen äußerte. Deskriptiv zeigte sich dabei eine Überlegenheit der Lernenden aus der zweiten Kooperationsskriptbedingung (mit Fading) gegenüber Lernenden der ersten Skriptbedingung (konstant verfügbares Kooperationsskript), welche wiederum besser abschnitten als Schüler/innen, die während ihrer Suchprozesse kein Kooperationsskript zur Verfügung hatten. Ob sich dieses Ergebnis für den Erwerb von Internetsuchkompetenz bestätigen lässt, können erst weitere Analysen klären, die noch im Gange sind. Dennoch weisen diese ersten Ergebnisse auf das Potenzial einer Kooperationsstrukturierung in Form von Kooperationsskripts für den individuellen Wissens- und Kompetenzerwerb hin.
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