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Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften

Didaktik der Biologie - Prof. Dr. Franz X. Bogner

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Liefländer, AK: Effektivität von Umweltbildung zum Thema Wasser — Empirische Studie zu Naturverbundenheit, Umwelteinstellungen und Umweltwissen, (2013)
Abstract:
Die Stärkung des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung ist heute notwendiger denn je. Um Umweltprobleme zu lösen und vorzubeugen, soll adäquate Umweltbildung unter anderem darauf abzielen, Motivation, Einstellungen und Wissen für den Schutz und Erhalt der natürlichen Umwelt zu fördern (IUCN, UNEP & WWF, 1991; Potter, 2009). Naturverbundenheit stellt eine wichtige Motivation für den Umweltschutz dar und wird durch direktes, affektives Naturerleben gestärkt (z.B. Kaiser, Roczen & Bogner, 2008; Davis, Green & Reed, 2009). Diese Verbundenheit kann sich, ebenso wie Umwelteinstellungen, im Laufe des Lebens verändern, was sich wahrscheinlich auf die Effizienz von Umweltbildung bezüglich der unterschiedlichen Altersgruppen auswirkt (Bruni & Schultz, 2010; Ernst & Theimer, 2011). Frick und Kollegen (2004) gehen von drei kognitiven Wissensarten aus, die für ökologisch-nachhaltiges Handeln essentiell sind: System-, Handlungs- und Wirksamkeitswissen, welche bewusst in Bildungsaktionen integriert werden sollten. Bis heute ist nicht genau untersucht, wie sich Schüler/innen ungleichen Alters hinsichtlich ihrer Naturverbundenheitswerte und Umwelteinstellungen unterscheiden. Es ist ebenfalls unklar, ob Kinder und vorpubertäre Jugendliche durch Umweltbildung in den genannten Aspekten unterschiedlich beeinflusst werden, und ob ein erzielter Effekt über einen längeren Zeitraum nach einer Intervention bestehen bleibt. Eine systematische Integration der drei Umweltwissensarten in ein Umweltbildungsprojekt stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, durch die eine Zunahme der spezifischen Umweltwissensarten und deren Konvergenz nachgewiesen werden kann. Aus diesem Grund befasst sich die vorliegende Studie zunächst mit dem Ist-Zustand der Naturverbundenheit und den Umwelteinstellungen von 9 bis 13-Jährigen. Anschließend wird der Einfluss eines umfassenden viertägigen Umweltbildungsprogramms auf Naturverbundenheit, Umwelteinstellungen und Umweltwissen untersucht. Am Schullandheim-Projekt zum Thema „Wasser im Leben - Leben im Wasser“ nahmen rund 200 Schüler/innen teil. Die Naturverbundenheit wurde mit der INS-Skala ermittelt (Inclusion of Nature in Self; Schultz, 2002), die Umwelteinstellungen mit den Subskalen preservation und utilisation nach dem 2-MEV-Modell (Two Major Environmental Values; z.B. Bogner & Wiseman 2006) und die Wissensarten mit drei neu entwickelten Skalen. Alle Skalen waren in einem Fragebogen eingebettet, welcher als Vor-, Nach- und Behaltenstest eingesetzt wurde. Eine externe Kontrollgruppe, die nicht am Projekt teilnahm, füllte ausschließlich die Fragebögen aus. Die Ergebnisse zeigen für 9 bis 10-Jährige (Klasse 4) eine stärkere Naturverbundenheit und bessere Umwelteinstellungen als für 11 bis 13-Jährige (Klasse 6). Der Einfluss des Umweltbildungsprojekts auf die Naturverbundenheit und Umwelteinstellungen ist bei den jüngeren Schüler/innen größer als bei den älteren. Beide Altersgruppen zeigen direkt nach der Teilnahme eine größere Naturverbundenheit, die jedoch nur bei den jüngeren Teilnehmer/innen auch über vier Wochen nach dem Projekt bestehen bleibt. Ein ähnliches Bild zeigt sich bezüglich der Umwelteinstellungen: Beide Einstellungen der jüngeren Schüler/innen verbessern sich durch die Programmteilnahme, jedoch bleibt nur preservation auch nach dem Projekt verbessert. Im Vergleich dazu zeigt die preservation-Einstellung der älteren Schüler/innen nur eine kurzfristige Verbesserung, die utilisation-Einstellung wurde nicht beeinflusst. Der Beginn der Pubertät bei den älteren Schüler/innen könnte der Grund für die geringere Naturverbundenheit und die ungünstigeren Umwelteinstellungen sein. Aufgrund ihres Alters streben die vorpubertären Schüler/innen wahrscheinlich bereits nach Unabhängigkeit und erleben emotionale Distanz zu anderen (Parra & Oliva, 2009; Steinberg & Silverberg, 1986) und möglicherweise auch zur Natur. Die neuen Skalen zur Messung der Umweltwissensarten erwiesen sich als reliabel und homogen. Das Umweltwissensniveau und die Wissenskonvergenz der Schüler/innen nehmen durch die Projektteilnahme zu und beide bleiben größtenteils über den Zeitraum von vier Wochen nach dem Projekt erhalten. Wirksamkeitswissen zeigt den geringsten Wissenszuwachs, was durch die hierarchische Abhängigkeit der Umweltwissensarten erklärt werden kann. Zusammenfassend war das viertägige Umweltbildungsprojekt bezüglich Naturverbundenheit, Umwelteinstellungen und Umweltwissen vor allem bei den 9 bis 10-jährigen Schüler/innen erfolgreich. Die Befunde werden abschließend bezüglich ihrer Herausforderungen für die Bildungsforschung und ihrer Konsequenzen für die schulische Umweltbildung beleuchtet.
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