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Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften

Masterstudiengang - Global Change Ecology

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Aus dem Inneren der COP21: GCE Student Michael Schneider fasst zusammen

Aus dem Inneren der COP21: GCE Student Michael Schneider fasst zusammen

21.01.2016

Im Dezember fand in Paris die UN-Klimakonferenz statt. Dort einigte sich die Weltgemeinschaft auf ein neues globales Klimaabkommen. Durch ein Praktikum am Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) konnte Michael Schneider, Student des Elitestudiengangs Global Change Ecology, als Mitglied der deutschen Delegation an der Konferenz teilnehmen.

Vom 30. November bis 12. Dezember fand in Le Bourget, einem Vorort von Paris, die Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) statt. Die 196 Vertragsparteien hatten sich zum Ziel gemacht, dort ein neues globales Klimaabkommen zu beschließen, welches auf das Kyoto-Protokoll folgen sollte. Nachdem bereits 2009 ein solcher Versuch unternommen worden war, trafen die Staats- und Regierungschefs dieses Mal am Anfang der Konferenz zusammen um so Druck auf die Delegierten auszuwirken und nicht erst am Ende, was als einer der Gründe für das Scheitern in Kopenhagen 2009 ausgemacht wurde. Anschließend begannen die technischen Verhandlungen, bis in der zweiten Woche die Ministerinnen und Minister aus den jeweiligen Ländern die Verhandlungen übernahmen.

 

Mit vor Ort war auch ich, Michael Schneider, Student im Elitestudiengang Global Change Ecology. Durch mein Praktikum am Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit war es mir möglich, als Mitglied der deutschen Delegation die Verhandlungen zu verfolgen und zu begleiten. Dabei war ich zunächst Assistent der deutschen Verhandlungsführerin und einer der Verhandlungsführer der Europäischen Union, Nicole Wilke, und übernahm weitere koordinative und administrative Aufgaben innerhalb der Delegation. Durch den Übergang der Verhandlungen auf die ministerielle Ebene wurde ich schließlich zu einem Koordinator einer Unterstützungsgruppe der Europäischen Union für Bundesministerin Hendricks und ihren finnischen Kollegen Kimmo Tiilikainen.

Delegation

Bei den Verhandlungen spricht nämlich nicht jedes EU-Land für sich selbst, sondern die Europäische Union stellvertretend für die 28 Mitgliedsstaaten. Insofern übernahmen die deutsche Ministerin und der finnische Minister die Verhandlungen für die EU in einer der zu diesem Zeitpunkt vier Verhandlungsgruppen zu Differenzierung und Transparenz. Da die Ministerin und der Minister nicht den Überblick über alle wichtigen Aspekte in diesem Themenbereich und über die Details in dieser Hinsicht in den Entwürfen des Abkommenstexts haben können, ist ein Unterstützungsteam unausweichlich. Dieses erarbeitet daher die Vorbereitungen für die Verhandlungen und für bilaterale Gespräche mit anderen Staaten. Als Koordinator einer solchen Gruppe müssen folglich beispielsweise die bilateralen Gespräche organisiert werden, andere Funktionäre aus dem EU-Team auf dem Laufenden gehalten werden, an den thematischen Ausarbeitungen mitgewirkt werden und entsprechende koordinative Aufgaben erledigt werden.

 

Im weiteren Verlaufe der Konferenz, als die Stränge dann wieder zusammenliefen, analysierte ich schließlich die jeweils neu vorgelegten Entwürfe des Abkommens mit weiteren Mitgliedern der deutschen Delegation. Innerhalb weniger Stunden bis zur Wiederaufnahme der Verhandlungen musste herausgearbeitet werden, welche Stellen im Text überarbeitet wurden, wo rote Linien verlaufen, wo Änderungsbedarf besteht und was im Abkommen im vorliegenden Entwurf erhalten bleiben muss. Insofern konnte ich einen großen Einblick in die Verhandlungen und die Thematik gewinnen. Des Weiteren konnte ich mich über die außergewöhnliche Möglichkeit erfreuen, an solch einer bedeutenden Konferenz teilzunehmen und letztlich sogar durch meine Verantwortlichkeiten einen kleinen Teil beizutragen.

Insgesamt konnten wir uns am Ende über einen erfolgreichen Ausgang der Konferenz freuen. Das, was im Bereich des Möglichen lag, konnte erreicht werden. Befürchtungen eines Minimalkompromisses wurden erfreulicherweise nicht wahr. Das Ergebnis eines umfassenden, ambitionierten und globalen Abkommens kann sich durchaus sehen lassen. Die großen Streitpunkte, wie die bereits genannte Differenzierung zwischen den Ländern, konnten gelöst werden. Da die Verhandlungen auf der Klimarahmenkonvention von 1992 beruhen, musste das Abkommen sich ebenso an dieser orientieren. In der Konvention wird jedoch allein eine Unterscheidung zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern gemacht, was auf die heutige Situation und Realität nicht übertragbar ist. Daher war es nötig, einen Kompromiss zu finden, damit alle Staaten im Rahmen der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung und ihrer jeweiligen Kapazitäten einen Beitrag leisten. Im Bereich des Klimaschutzes bedeutet dies, dass alle Vertragsstaaten entsprechende national bestimmte Maßnahmen und Politiken (NDCs) aufstellen und umsetzen, um das globale Langfristziel zu erreichen. Dies besagt, dass die Weltgemeinschaft die globale Erwärmung auf weit unter 2°C begrenzen will und Anstrengungen unternehmen möchte um sogar 1,5°C zu erreichen. Dies erfordert im Minderungsbereich schnelle Emissionsreduktionen, einen möglichst bald eintretenden globalen Emissionshöhepunkt und eine Treibhausgasneutralität in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Dies umfasst ebenso eine komplette Dekarbonisierung des Strom- und Energiesektors bis Mitte des Jahrhunderts. Um dies zu erreichen müssen die jeweiligen NDCs alle fünf Jahre aktualisiert werden und immer ambitionierter werden und sich dabei an einer zuvor stattfindenden globalen Bestandsaufnahme orientieren.

Negotiations

Neben dem Klimaschutz wurde die Anpassung an die - bereits stattfindenden - Auswirkungen des Klimawandels als gleichberechtigte Säule neben dem Klimaschutz anerkannt. Entsprechend soll die Resilienz der Länder erhöht und die Gefährdung gegenüber dem Klimawandel reduziert werden. Ebenso werden unvermeidliche Schäden und Verluste infolge von Extremwetterereignissen oder dem Meeresspiegelanstieg als eigenständiges Thema behandelt. Selbstverständlich erfordert all dies Unterstützung für die am gefährdetsten Länder und die Länder mit den geringsten Kapazitäten. Daher sind die Industrieländer weiterhin verpflichtet, finanzielle Unterstützung zu leisten. Andere Staaten sind zudem ermutigt, freiwillige Beiträge zu leisten. Darüber hinaus soll auch Unterstützung in Form von Technologieentwicklung und -transfer sowie Kapazitätsaufbau geleistet werden. Außerdem soll Transparenz eine wichtige Leitplanke für die Umsetzung der Verpflichtungen darstellen. Nicht zuletzt soll es auch eine Erfüllungskontrolle geben, welche jedoch helfenden Charakter haben soll und nicht auf Sanktionen beruht.

 

Insgesamt ist es zu begrüßen, dass sich die 196 Parteien auf diese Einigung verständigen konnten. Es ist jedoch klar, dass das Abkommen das Problem des Klimawandels nicht wird lösen können. Dies ist schlichtweg nicht möglich bei so vielen unterschiedlichen Interessen. Viel hängt daher davon ab, was in den nächsten Jahren tatsächlich umgesetzt wird und ob die Staaten ihren Versprechungen wirklich nachkommen. So wird es beispielsweise unvermeidlich sein, einen angemessenen Preis auf Kohlenstoff zu erheben um so die Transformation hin zu einer klimafreundlichen und klimaresilienten Zukunft zu ermöglichen. Aus Paris geht dennoch nach den schlimmen Terroranschlägen eine hoffnungsvolle Botschaft aus. Die Entscheidung besitzt Signalwirkung für die globale Wirtschaft und die Gesellschaften, dass das fossile Zeitalter beendet werden muss. Außerdem gibt ein solcher Sieg des Multilateralismus Hoffnung in einer Zeit voller Konflikte, in welcher die Welt aus den Fugen geraten scheint.

 

Bildquellen: BMUB/Sascha Hilgers

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