Diplomarbeit
Das Windprofil in den untersten 100 m der Atmosphäre unter besonderer Berücksichtigung der Stabilität
Mathias Göckede (02/2000-08/2000)
Betreuer: Thomas Foken
In der vorliegenden Arbeit wird ein Extrapolationsverfahren für bodennah gemessene Windgeschwindigkeiten vorgestellt, das auf einfacher Datengrundlage Windprofile bis über die Obergrenze der atmosphärischen Bodenschicht hinaus nachvollziehen kann. Mit der Anwendung dieser Methode können verbesserte Windprognosen in großen Höhen, beispielsweise im Rahmen von Windenergieanwendungen, erreicht werden.
Zur Abschätzung der Stabilität der atmosphärischen Schichtung wurde ein neues Parametrisierungsverfahren entwickelt. Es basiert auf den Formelsätzen von BUSINGER et al. (1971) sowie einem Ansatz von HOLTSLAG & VAN ULDEN (1983). Das Verfahren ermöglicht die Berechnung des Bodenschicht-Skalierungsparameters z ohne Eingabe eines Temperaturgradienten, der benötigte Wert des fühlbaren Wärmestroms wird stattdessen mit Hilfe von Strahlungsmessungen ermittelt. Im Rahmen dieser Entwicklung konnte eine Methode erstellt werden, welche die Berechnung der Strahlungsbilanz aus Daten der Globalstrahlung ohne Kenntnis von Wolkenbeobachtungen erlaubt. Weiter wurden mehrere Ansätze zur Windprofilextrapolation miteinander verglichen. Unter den Voraussetzungen, eine möglichst einfache Datengrundlage zu erfordern und nicht auf die atmosphärische Bodenschicht beschränkt zu sein, ergaben sich mit den Exponentialansätzen nach IRWIN (1978) bzw. SEDEFIAN (1980) die besten Ergebnisse. Im letzten Entwicklungsabschnitt des Verfahrens wurden Algorithmen erstellt, die den Einsatz eines footprint-Modells nach SCHMID (1997) zur Rauhigkeitslängenberechnung ermöglichen. Diese wurden umgesetzt in eine FORTRAN-Routine mit dem Titel FOOTSTAB. Mit Hilfe des FOOTSTAB-Programms, welches als Modul das neu entwickelte Verfahren zur Stabilitätsparametrisierung enthält, können individuelle z0-Werte für jede Messhöhe eines Mastes ermittelt werden. Die Ergebnisse variieren mit den aktuellen meteorologischen Bedingungen über ein sich in Lage und Dimension veränderndes Quellgebiet der Unterlageneinflüsse. Auf diese Weise ist es möglich, für ein berechnetes Windprofil die Auswirkungen einer heterogenen Umgebung zu berücksichtigen.
Mit Hilfe des FOOTSTAB-Programms und des Exponentialansatzes nach IRWIN (1978) bzw. SEDEFIAN (1980) können verbesserte Prognosen der Windgeschwindigkeit bis in größere Höhen über Grund erreicht werden. Die benötigte Datengrundlage umfasst jeweils eine Messung von Windgeschwindigkeit, Lufttemperatur und Dampfdruck und zudem noch die Eingabe von Globalstrahlung, Luftdruck und Windrichtung. Des weiteren werden Informationen über die Umgebung des Standortes benötigt, die einfachen topographischen Karten entnommen werden können. Die Überprüfung der Ergebnisse an zwei Datensätzen zeigte, dass sich vor allem Vorteile gegenüber traditionellen Extrapolationsverfahren ergeben, wenn die aerodynamischen Eigenschaften der umgebenden Unterlage sehr heterogen sind. In der stark strukturierten Umgebung des Meteorologischen Observatoriums Lindenberg des Deutschen Wetterdienstes, in welcher ein großer Teil der Flächen in die Geländeklasse drei nach TROEN & PETERSEN (1989) eingeordnet werden kann, konnte eine deutliche Verbesserung gegenüber dem verglichenen Verfahren erreicht werden. Der Einsatz der Methode im Küstengebiet der Ostsee, das mit den vorherrschenden Geländeklassen eins und zwei nach TROEN & PETERSEN (1989) insgesamt einen homogeneren Charakter aufweist, ergab dagegen nur leichte Vorteile des neuen Verfahrens.