Doktorarbeit
Site-specific modelling of turbulent fluxes on the Tibetan Plateau
Wolfgang Babel (04/2009-05/2013)
Betreuer: Thomas Foken
Standortspezifische Modellierung turbulenter Flüsse auf dem tibetischen Hochland
Durch seine Höhe und Ausdehnung hat das Hochland von Tibet erheblichen Einfluss auf den ostasiatischen Monsun und den Wasserhaushalt in Ostasien. Daher sind regionale Wasser- und Energiebilanzen schon länger im Blickpunkt der Forschung. Übliche Ansätze der regionalen Modellierung stützen sich auf Fernerkundungsdaten, die wiederum durch hochwertige Flussmessungen über repräsentativen Unterlagen validiert werden. Messungen mit Eddy-Kovarianz bieten zwar die benötigte Genauigkeit, bringen aber typische Nachteile mit sich, wie z.B. Datenlücken oder systematische Abweichungen aufgrund der ungeschlossenen Energiebilanz oder Heterogenität des Messgebiets. Innerhalb des EU Projekts CEOP-AEGIS soll eine einheitliche Bearbeitung von tibetischen Eddy-Kovarianz-Daten festgelegt werden, die sowohl eine Flusskorrektur aufgrund der ungeschlossenen Energiebilanz vorsieht als auch das Füllen von Datenlücken. In der Dissertation werden zunächst zwei Aspekte der Datenqualität turbulenter Flüsse (fühlbare Wärme und latente Wärme/Verdunstung) auf dem tibetischen Hochland näher untersucht. Zum einen kann in den Messungen häufig bodennahe freie Konvektion nachgewiesen werden, was die Datenqualität beeinträchtigt. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass gestörte Windsektoren, wie sie bei manchen Ultraschallanemometern vorkommen, von der Koordinatenrotation mit Planar-fit ausgeschlossen werden sollten. Anderenfalls treten vermehrt unrealistische Messungen des Impulsflusses auf, ein Einfluss auf Skalare wie fühlbare Wärme konnte jedoch nicht bestätigt werden. Der zentrale Punkt dieser Dissertation ist die prozessorientierte Modellierung turbulenter Flüsse über typischen Unterlagen auf dem tibetischen Hochland. In einer Fallstudie am Nam Co wurden im Sommer 2009 Energiebilanzmessungen über trockener alpiner Steppe und etwas feuchterem Grasland sowie über einem flachen See durchgeführt. Die turbulenten Flüsse über Land wurden anschließend mit dem Energie- und Wasserbilanzmodell SEWAB simuliert, für den See kam ein hydrodynamisches Mehrschichtenmodell zum Einsatz. Die außergewöhnliche Höhenlage erzeugt besondere Bedingungen, vor allem auf trockenen Böden treten extrem hohe Oberflächentemperaturen auf. Deshalb war eine Anpassung von SEWAB an diese Bedingungen notwendig (TP Version). Ein Modellvergleich mit den Eddy-Kovarianz-Daten wurde unter Beachtung der Energiebilanzschließungslücke, wie sie bei Messungen typischerweise auftritt, durchgeführt. SEWAB konnte die Flüsse auf beiden Graslandflächen konsistent simulieren, d.h. die Unterschiede zwischen der feuchten und der trockenen Fläche wurden nur durch Benutzung der standortspezifischen Modellparameter zufriedenstellend erreicht. Die Modellanpassung (TP Version) kann als Verbesserung angesehen werden. Dies trifft nicht zu für Labormessungen der Modellparameter. Standardparameter für den jeweiligen Vegetations- und Bodentyp lieferten eher bessere Ergebnisse, eine herkömmliche Bodenansprache direkt am Messfeld sowie Messungen der Bodentemperatur und Feuchte sind jedoch Voraussetzung für den Erfolg. Auch mit dem Seemodell konnten gute Ergebnisse erzielt werden. Durch die Berücksichtigung der Seetiefe kann das Modell auf andere Seen übertragen werden, solange die meteorologischen Antriebsdaten sowie eine repräsentative Wasseroberflächentemperatur gegeben sind. Erwartungsgemäß beeinflusst die ausgewählte Korrektur zur Energiebilanzschließung auch die Modellanpassung an die „Mess-“ Daten. Die Korrektur verteilt das Residuum der Energiebilanz auf die turbulenten Flüsse. Neben der bekannten Methode der Verteilung nach dem Bowenverhältnis wurde auch eine neue Korrektur eingeführt, die das Residuum gemäß der prozentualen Anteile der turbulenten Flüsse am Auftriebsstrom verteilt, was im Vergleich zur vorigen Methode höhere fühlbare Wärmeströme erzeugt. Dadurch wird der Modell-Bias natürlich verändert, was die Ergebnisse teilweise uneindeutig macht. Nach dem Bestimmtheitsmaß zu urteilen, scheint die Aufteilung der Energieflüsse in SEWAB eher zu den Messungen zu passen, die durch das Bowenverhältnis korrigiert wurden. Dies bestätigt Ergebnisse aus der Literatur in Bezug auf Modellierung mit SEWAB, widerspricht aber neueren Erkenntnissen aus experimenteller Sicht, die sekundäre Zirkulationen als Ursache für die Schließungslücke sehen und die Korrektur nach dem Auftriebsstrom favorisieren. Die verschiedenen Unterlagen am Nam Co unterscheiden sich erwartungsgemäß deutlich, wie die Messungen belegen und die Simulationen auch adäquat abbilden. Diese Heterogenität muss berücksichtigt werden, wenn die Nam Co-Station zur Validierung mesoskaliger Anwendungen herangezogen wird. Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit kann die oben genannte Datenbearbeitung erfolgreich durchgeführt werden.