Department of Animal Ecology
PD Dr. Bernhard Stadler
  Home Printable form Search fulltext Seite in deutsch ContactUni-Bayreuth
Research  | Publications |  | Staff |  | Teaching |  | News |  | Miscellaneous | |

Research


>> internal Site (SSL)

Search:



 

Aktuelle Forschungsschwerpunkte

 


Ökosystemforschung und Populationsökologie phytophager Insekten

Ökosysteme sind strukturell als Nahrungsnetze organisiert mit komplexen Rückkopplungsprozessen zwischen verschiedenen trophischen Ebenen. Vor allem Waldökosysteme bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit insekteninduzierte trophische Kaskaden vom Kronenraum bis in den Boden zu verfolgen und die Auswirkungen dieser Interaktionen zwischen Pflanzen, Mikroorganismen und Insekten auf Stoff- und Energieflüsse zu untersuchen.

Herbivore Insekten wie Schmetterlingsraupen oder Saftsauger nehmen dabei oft Schlüsselpositionen ein, indem sie durch die Schädigung des Nadel-/Blattgewebes oder durch Ausscheidungen Nährstoffe verfügbar machen. Eine Gruppe von Insekten, die zwar wenig spektakuläre Fraßbilder erzeugt, aber doch eine Schlüsselposition in Koniferenwälder einnehmen kann, sind Blattläuse. Die dominierenden Blattläuse an Fichten in Mitteleuropa gehören zur Gruppe der Rindenläuse (Lachnidae) mit 5 Arten (Cinara spp.), die am Holz saugen und Elatobium abietinum (Aphididae), eine Art, die an den Nadeln der Fichten saugt. An Sitkafichten erzeugen diese Blattläuse große Schäden, da nach einem Befall die Nadeln schnell absterben. Insbesondere die Rindenläuse produzieren durch das Saftsaugen oft große Mengen an zuckerhaltigen Ausscheidungen (Honigtau). Andere Honigtauproduzenten, die lokal und in unterschiedlichen Jahren unterschiedlich stark auftreten können sind: Fichtengallenläuse (Adelgidae), Schildläuse und Napfschildläuse (Coccidae), sowie Deckelschildläuse (Diapsidae). Gerade unter den Napfschildläusen gibt es Arten, die ebenfalls große Mengen an Honigtau produzieren können (z.B. die Große- und Kleine Fichtenquirlschildlaus). Die Kenntnis der Faktoren, die zu Dichteänderungen bei diesen Arten führen ist somit für das Verständnis von Ökosystemprozessen sehr wichtig (siehe unten).

Gebietsfremde Arten
Die weltweite Verschleppung von Organismen führte wiederholt dazu, daß diese in ihren neuen Lebensräumen zu Schädlingen werden.  In den Osten der USA ist die Adelgidae (Adelges tsugae, Hemlock woolly adelgid, HWA) aus Asien eingeschleppt worden und entwickelt sich dort mittlerweile zu einem erheblichen Problem für die dortigen Wälder. Diese Adelgiden töten durch ihr Saugen am Strahlenparenchym der jungen Sprosse die Hemlocktannen innerhalb 5-15 Jahre ab, so daß in Folge davon die Artenzusammensetzung der Wälder und Ökosystemprozesse verändert werden. Alle Baumaltersklassen sind betroffen. Beispielsweise haben die Nadeln befallener Bäume einen deutlich höheren Stickstoffgehalt, als Nadel unbefallener Bäume. Durch den fortschreitenden Nadelverlust werden die Wälder immer lichter, die Sonneneinstrahlung nimmt zu und durch die stärkere Erwärmung des Bodens erfolgen Streuabbauprozesse schneller. Gleichzeitig erfolgt durch "leaching" aus dem Kronenraum ein höherer Stickstoffeintrag in den Boden, so daß nitrophile Arten wie Birken in Hemlockreinbestände einwandern können. Gegenwärtig erfolgt die Ausbreitung der Adelgiden in Neuengland mit etwa 30 km pro Jahr nach Norden. Es wird befürchtet, daß durch dieses Insekten eine deutliche Veränderung in den Lebensgemeinschaften dieser Wälder und deren Ökosystemfunktionen erfolgt. Bisher ist kein Mittel gefunden worden die Ausbreitung nach Norden einzudämmen.


Biodiversität und Ökosystemfunktionen

Die Komplexität und Dynamik von Lebensgemeinschaften sind sehr wahrscheinlich wichtige Größen für eine Reihe von Ökosystemfunktionen. Allerdings sind die Konsequenzen einer Veränderung der organismischen Vielfalt für Ökosysteme nicht leicht abzuschätzen, nicht zuletzt weil aussagekräftige Experimente nur sehr schwer durchzuführen sind. Uns interessiert aber nicht die Artenzahl in bestimmten taxonomischen Kategorien eines gegebenen Areals, sondern auch die funktionale Diversität und die Informationen, die sich aus den Wechselbeziehungen, den Populationsdichte-Schwankungen oder den Umweltveränderungen ergeben. Unterschiedliche Arten haben deutlich unterschiedliche "Wertigkeiten" für die Struktur von Lebensgemeinschaften und Ökosystemprozesse. Diese Schlüsselorganismen zu identifizieren und ihre Rolle für Ökosysteme zu bewerten, wird unter sich verändernden Umweltbedingungen zukünftig an Bedeutung noch zunehmen. Die Fragen zur Funktion der biologischen Vielfalt verknüpfen in diesem Arbeitsbereich v.a. mikrobiologische und entomologische Ansätze.


Evolution von Myrmekophilen-Ameisen Interaktionen

Ameisen spielen in vielen Ökosystemen eine wichtige Rolle, z.B. als Prädatoren oder als mutualistische Partner von Blattläusen, Schmetterlingsraupen, Cocciden oder Membraciden. Sie sind an den zuckerhaltigen Ausscheidungen interessiert, die Schmetterlingsraupen in spezialisierten Drüsen (Nektar) oder Blattläuse als Exkremente (Honigtau) oft in großen Mengen abgeben.

Im Gegenzug können die Ameisenpartner eine gewisse Schutzfunktion der Ameisen nutzen. Die Beziehungen zwischen Ameisen und vielen Insekten reicht von einer obligaten Myrmekophilie (stetige Assoziation zwischen den beiden Partnern) bis zum völligen Fehlen einer Interaktion. Dieses Spektrum läßt darauf schließen, daß in solchen Wechselbeziehungen nicht nur Vorteile zu finden, sondern diese auch von Kosten geprägt sind. Mit Hilfe von Experimenten und  Modellen versuchen wir die Selektionsdrücke, die bei der Evolution solcher Beziehungen wirken, zu verstehen.


Evolution von Life-history-Strategien klonaler Insekten

Anpassungen an sich verändernde Umweltbedingungen sind eine notwendige Voraussetzung, wenn Organismen langfristig erfolgreich sein sollen. Wie kann beispielsweise die optimale Investition von Blattläusen in die Fortpflanzung aussehen, wenn sie sich in einer ständig verändernden Umwelt entwickeln? Für phytophage Insekten kann bereits das nächste Blatt oder die nächste Pflanze eine sehr unterschiedliche Qualität aufweisen. Wie sollte man sich also verhalten, um die Fitness zu maximieren? Sollte man wenige große Nachkommen erzeugen, oder viele kleine; wie sollte man die Investition in die Fortpflanzung verändern im Laufe der Saison?

Blattläuse zeichnen sich durch eine "geschachtelte Generationsfolge" aus, bei der sich in den sich parthenogenetisch fortpflanzenden Weibchen nicht nur die Töchter sondern bereits die Enkel entwickeln. Die Untersuchung von Mechanismen, die zu einer Optimierung von Anpassungsstrategien führen, spielt in der theoretischen Ökologie und Evolutionsbiologie eine große Rolle. In einer Kombination von gezielten Experimenten zur Reproduktionsphysiologie und zum Verhalten sowie unter Zuhilfenahme von Modellen versuchen wir die phänotypische Plastizität und „trade-offs“ von bestimmten Lebensmerkmalen (Abwehrverhalten, Morphendetermination, Reproduktion, Habitateigenschaften) hinsichtlich ihrer Fitnesskonsequenzen für die betreffenden Organismen zu beurteilen. Klonale Organismen sind für solche Fragestellungen besonders geeignet, da die Effekte über mehrere genetisch identische Generationen hinweg verfolgt werden können.

 
This site makes use of cookies More information