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Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften

Ökologische Mikrobiologie - Prof. Tillmann Lüders

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Wir erforschen die Vielfalt, Struktur und Funktion natürlicher Mikrobiome im Boden und im terrestrischen Wasserkreislauf. Wir arbeiten in einem breiten Spektrum natürlicher Ökosysteme, darunter landwirtschaftliche Böden, Bäche und Seen, Grundwasser und auch exotische Habitate wie Höhlen und Minen. Einige unserer Projekte befassen sich auch mit der Mikrobiologie technischer Wassersysteme, wie der Abwasserbehandlung und der Trinkwassergewinnung. Die untersuchten mikrobiellen Funktionen stehen in Zusammenhang mit der Wasserqualität, dem Umsatz von Schadstoffen und Nährstoffen, ungewöhnlichen mikrobiellen Ökophysiologien, oder den Wechselwirkungen zwischen Mikroben und Pflanzen in der Rhizosphäre.

Die Forschung in unserer Gruppe basiert häufig auf dem Konzept der sog. mikrobiellen "Schlüsselpopulationen", welches besagt, dass nur ganz bestimmte Populationen in einer komplexen mikrobiellen Lebensgemeinschaft für die untersuchten Prozesse tatsächlich relevant sind. Die Abwesenheit oder der Verlust solcher Schlüsselpopulationen kann zu einem Funktionsverlust führen. Gleichzeitig ist die gezielte Identifizierung und Charakterisierung dieser Schlüsselpopulationen von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Steuerung von wichtigen Prozessen in der Umwelt, wie z.B. dem Abbau von Schadstoffen im Grundwasser oder den Nährstoffkreisläufen in der Rhizosphäre.

 

Mikrobieller Umsatz von Schadstoffen in Grund- und Oberflächengewässern

Ein zentrales Ziel unserer Forschung ist es, die Ökologie und die funktionellen Kapazitäten von schadstoffabbauenden Mikroorganismen in anthropogen beeinflussten natürlichen Ökosystemen zu verstehen. Mit den Mitteln der molekularen mikrobiellen Ökologie untersuchen wir, welche mikrobiellen Schlüsselpopulationen für den Schadstoffabbau in situ relevant sind, und welche Umwelt- oder ökologischen Faktoren ihre Aktivität und Diversität steuern. Wir forschen derzeit zu folgenden Prozessen:

 

Mikrobielle Nitrat-Elimination

1Der zunehmende anthropogene Stickstoffeintrag in landwirtschaftliche Einzugsgebiete stellt eine ernsthafte Bedrohung für unsere Wasserressourcen dar. Während die Ökophysiologie des reduktiven und oxidativen Stickstoffkreislaufs auf mikrobiologischer Ebene bereits sehr gut untersucht ist, ist die Steuerung dieser Prozesse und daran beteiligten mikrobiellen Populationen in natürlichen Habitaten noch wenig verstanden. Die Nitratbelastung ist vor allem im Grundwasser und in landwirtschaftlich beeinflussten Fließgewässern niederer Ordnung ein großes Problem. In unserer Forschung untersuchen wir, wie der Wasseraustausch zwischen Grundwasser und Bach die im Bachbett angesiedelten Stickstoff-umsetzenden mikrobiellen Populationen beeinflusst. Dadurch sollen Kontrollmechanismen der Nitrat-Elimination durch Denitrifikation aufgeklärt werden, oder auch der sekundären Nitratbelastung durch die Nitrifikation.

 

Mikrobieller Abbau von Kohlenwasserstoffen

Wir befassen uns mit dem mikrobiellen Abbau von Kohlenwasserstoffen und arbeiten vorranging mit Toluol als aromatischer Modellsubstanz. Basierend auf dem Gen der Benzylsuccinat-Synthase (bssA), dem Schlüsselenzym des anaeroben Toluolabbaus, haben wir ein breit anwendbares molekulares Nachweissystem für diese Schadstoffabbauer in Umweltproben etabliert.

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In unserer Forschung wollen wir zeigen, wie die Diversität in einem bestimmten katabolischen Genpool mit den ökologischen Nischen zusammenhängt, die von lokal etablierten schadstoffabbauenden Mikroben realisiert werden können. Außerdem untersuchen wir Strategien des mikrobiellen Abbaus von Schadstoffen in der "Grauzone" zwischen aeroben und anaeroben Prozessen, d. h. in Szenarien, in denen Sauerstoff und andere, anaerobe Elektronenakzeptoren nur begrenzt, teilweise simultan oder nur vorübergehend verfügbar sind. Die Erkenntnisse unserer Forschung sind wichtig für die Entwicklung verbesserter Monitoring- und Bioremediationsstrategien an kontaminierten Standorten.

 

Mikrobielle Aktivitäten und Interaktionen in der Rhizosphäre

Mikrobielle Gemeinschaften in der Rhizosphäre von Pflanzen beeinflussen das Wachstum und die Gesundheit des pflanzlichen Wirts ganz entscheidend. In unserer Forschung untersuchen wir, wie die Zusammensetzung des Rhizosphären-Mikrobioms (darunter Bakterien, Archaeen und Mikroeukaryoten) und die Aktivitäten bestimmter Schlüsselpopulationen darin mit der Bodenfruchtbarkeit, der Stresstoleranz der Pflanze und des Flusses des pflanzenbürtigen Kohlenstoffs im Boden zusammenhängen. Zu diesen Themen forschen wir momentan in zwei Projekten:

 

Plastizität des Rhizosphärennmikrobioms

Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts "RhizoTraits" untersuchen wir, wie sich das Mikrobiom moderner, ertragsoptimierter Maissorten von dem alter Landrassen unterscheidet. Wir postulieren, dass wichtige Eigenschaften der Pflanze, die die Selektion eines pflanzenwuchsfördernden Mikrobioms zu unterstützen, in der Züchtung moderner Nutzpflanzensorten verloren gegangen sind. Wir fokussieren dabei auf die Trockenstresstoleranz und vergleichen systematisch eine große Auswahl verschiedener Maissorten, sowohl im Gewächshaus als auch an verschiedenen Feldstandorten. Gemeinsam mit unseren Projektpartnern wollen wir ein integriertes Verständnis der Mechanismen und Funktionen innerhalb des Pflanzen-Mikroben-Systems unter Wasserlimitierung entwickeln. Dies ist eine Grundlage für die Berücksichtigung von Merkmalen des rhizosphärischen Mikrobioms bei der Entwicklung zukünftiger Pflanzensorten und landwirtschaftlicher Verfahren.

https://www.bayceer.uni-bayreuth.de/rhizotraits/

 

Mikroplastik in der Rhizosphäre von Nutzpflanzen

3Der Eintrag von Kunststoffen, insbesondere von Mikroplastik (MP), in landwirtschaftlich genutzte Böden gibt weltweit Anlass zu wachsender Besorgnis, sind die Auswirkungen auf die Bodenfunktionen und das Pflanzenwachstum doch noch kaum verstanden. Mikroplastik kann die natürlichen Stoffkreisläufe und Funktionen im Boden stören, insbesondere in der Rhizosphäre, und zu einer Destabilisierung der Bodenaggregate führen, den Humusgehalt, die Nährstoffspeicherung und die Bodenfeuchte verringern, sowie die Aktivitäten der Mikroorganismen in der Rhizosphäre verändern. Die Auswirkungen von MP auf diese wichtigen Bodeneigenschaften, die Bodenmikroorganismen und die Pflanzengesundheit sind bisher jedoch mit teilweise widersprüchlichen Ergebnissen untersucht worden. In unserem Projekt im Rahmen des von der DFG geförderten Sonderforschungsbereichs "Mikroplastik" an der Universität Bayreuth (SFB 1357) arbeiten wir mit Mais und Erdbeeren als landwirtschaftliche Modellpflanzen. Unser Ziel ist es, ein fundiertes Verständnis der Beeinträchtigung von Bodenfunktionen durch MP, von Veränderungen des Rhizosphärenmikrobioms, sowie des möglichen Abbaus von Kunststoffen in der Rhizosphäre zu erarbeiten. Diese Forschung leistet einen wichtigen Beitrag zur Prognose der möglichen langfristigen Beeinträchtigung der Bodenqualität durch Mikroplastik im landwirtschaftlichen Raum.

 https://www.sfb-mikroplastik.uni-bayreuth.de

 

Mikrobielle Biofilme in Höhlen und Minen

Höhlen und Bergwerke stellen einzigartige unterirdische Ökosysteme dar, die weitgehend ohne photosynthetische Primärproduktion auskommen und einen bemerkenswerten Einblick in die Erforschung des mikrobiellen Lebens im Untergrund bieten. Insbesondere in unterirdischen Biofilmen, deren Bildung oft durch chemolithoautotrophe Prozesse angetrieben wird, können oft bislang unbeschriebene mikrobielle Biodiversität und neuartige Stoffwechselkapazitäten nachgewiesen werden.

Seit einigen Jahren untersuchen wir die massive Biofilmbildung in einem besonderen, mit Methan und jodreichem Heilwasser gespeisten Quellstollen bei Sulzbrunn im Allgäu. Unser Ziel ist es, die Steuerung dieser einzigartigen Biofilmbildung aufzuklären und mögliche neuartige Verknüpfungen zwischen den mikrobiell getriebenen Methan- und Jodkreisläufen in diesem speziellen, von Mikroben dominierten Habitat zu entschlüsseln. Darüber hinaus haben wir vor kurzem begonnen, manganoxidierende mikrobielle Biofilme in einem historischen Minensystem im Frankenwald, sowie besondere mikrobielle Calcit-Ausfällungen in einer Karsthöhle der Fränkischen Schweiz zu untersuchen.

 Forschung

 

Umwelt-‘Omics’ mit stabilen Isotopen

ForschungUnsere Forschung wird zu einem großen Teil durch die Entwicklung und Anwendung neuartiger molekularer "Omics"-Technologien in Kombination mit gezielten, stabilisotopischen Markierungen unterstützt. Unsere Arbeitsgruppe besitzt dabei ein langjähriges und anerkanntes methodisches Know-how vor allem im sog. "Stable Isotope Probing" (SIP) von DNA und RNA. Wir arbeiten stets an der Weiterentwicklung dieser analytischen Möglichkeiten, um damit die Funktionen und Interaktionen mikrobieller Populationen in Wasser, Boden, Nahrungsnetzen und in Mikroben-Wirts-Systemen noch gezielter untersuchen zu können. Kürzlich haben wir RNA-SIP erstmals mit einem transkriptomischen Ansatz kombiniert, was erstmals einen direkten Einblick in die prozessrelevante Genexpression in natürlichen mikrobiellen Lebensgemeinschaften ermöglicht. Seit langem stellen wir dieses methodische Fachwissen auch Projektpartnern in nationalen und internationalen Forschungskooperationen zur Verfügung.
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