Lösungsansätze für die Infiltration von Niederschlagswasser in urbanen Ballungsgebieten mithilfe von Düsensauginfiltrationsbrunnen

Henrik Koers1, Helena Demel1
1 Holscher Wasserbau GmbH

V 6.2 in Hydrogeologie in der Praxis

24.03.2022, 09:15-09:30, HS 2

In urbanen Ballungsräumen wird Niederschlagswasser vorwiegend über den Straßenabfluss in die Kanalisation abgeleitet und damit dem Grundwasser als Teil des natürlichen Wasserkreislaufs entzogen. Dieser Bypass im Wasserkreislauf generiert je nach Art des Kanalsystems weitere Problemketten hinsichtlich Ableitung und der Reinigung des Niederschlagswassers. Das durch das EU Life Programm geförderte Projekt AERFIT (Adaption Extreme Rainfall) beschäftigt sich mit der praxistauglichen Umsetzung der Infiltration von Niederschlagswasser unter Realbedingungen [1]. Mit der Technik der Fast High Volume Infiltration (FHVI, deutsch: Düsensauginfiltration, dsi) können große Mengen an Wasser innerhalb kurzer Zeit in leistungsfähige Tiefenbereiche anstehender Grundwasserwasserleiter infiltriert werden [2].

Zur Bestimmung dieser sogenannten Zielhorizonte wird ein spezielles Bohrverfahren angewandt, das die hydraulisch relevanten Messdaten in situ aufzeichnet. Unmittelbar nach der Abteufung wird anhand der Messergebnisse die vertikale Platzierung der Filterstrecke zur ausschließlichen Anbindung des hydaulisch leistungsfähigsten Zielhorizontes für den Brunnenausbau festgelegt. Die spätere Infiltration findet unter Luftabschluss in einem geschlossenen System statt. In Kombination mit einer Düseneinheit, die sich oberhalb der Filterstrecke befindet, kann das Wasser drucklos in den Zielhorizont abgeleitet werden. [3]

Das Gesamtsystem, welches in Abb. 1 illustriert ist, benötigt wenig Platz, was eine einfache Installation in städtischen Gebieten ermöglicht. Im Rahmen des Projektes wird im niederländischen Apeldoorn in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden der Straßenabfluss sukzessive von der Kanalisation abgekoppelt und die Infiltration direkt in den Grundwasserleiter erprobt. Erste Ergebnisse sind vielversprechend. Mit einem Testfeld in Werder entsteht derzeit auf deutscher Seite ein Beitrag zur Erprobung der Praxistauglichkeit. Am Standort in Brandenburg liegt neben der Geologie, die sich aus typischem Grundmoränenmaterial mit schwankendem bindigem Anteil zusammensetzt, die größte Herausforderung darin, den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. So muss sichergestellt werden, dass potentielle Schadstoffe vor der Infiltration abgereinigt werden. Zur Verwirklichung entwickelt die Projektgruppe mit einem Rohrsystemhersteller ein platzsparendes System mit integrierter Reinigungsstufe, das der Infiltration vorgeschaltet ist. Nach der Entwicklung eines Prototyps sind damit weitere Testanwendungen vorgesehen.

Abb.1 Prinzipskizze Niederschlagswasserinfiltration
Abb.1 Prinzipskizze Niederschlagswasserinfiltration



[1] AERFIT (2021): The innovative solution for rainwater problems. Abgerufen 11.10.2021 von https://aerfit.eu/en/

[2] van Lopik, J. H. (2020): Design of recharge and abstraction well systems in heterogeneous aquifers

[3] Demel et. al (2021): Ausbreitung von Cyanid im Grundwasser an Hochschul-Campus gestoppt; bbr Ausg. 10-2021



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