Auenlehrpfad

Auenlebensräume: Entwicklung

Was versteht man unter Auendynamik - und ist diese am renaturierten Abschnitt des Roten Mains schon zu beobachten? Dazu hier einige Beispiele und neue Erkenntnisse.

Auendynamik: von Mäandern und Hochwasser

Über Jahre und Jahrzehnte verlagert ein natürlicher Bach in unseren Breiten sein Bett durch sich veränderne Mäander.  Bäche und Flüsse fließen selten in gerader Linie, sondern in Schlingen. Sie entstehen, weil das Wasser durch Unterschiede im Untergrund und Hindernisse mehr Druck auf eine Seite des Flussbettes ausübt. Mit der Zeit wird hier das Ufer untergraben, es bröckelt und ein steiler Prallhang entsteht, der sich langsam weiter in die angrenzende Aue gräbt. Auf der Innenseite der Biegung fließt das Wasser langsamer und lagert Material ab, so dass sich ein flacher Gleithang mit Kies- und Sandablagerungen entwickelt.

Durch diese ungleichmäßige Erosion und Ablagerung wandert das Flussbett in Richtung der Außenkurven, Mäander-Schlingen werden ausladender, bei Hochwasser können schmale Landzungen auch durchbrochen werden. Die abgeschnittene Schlinge wird zum Altarm, in dem das Wasser langsam fließt oder steht. Die Lebensbedingungen in stehendem Wasser sind komplett unterschiedlich von Fließgewässern, hier finden andere Arten ein Zuhause, wie zum Beispiel Unken und Frösche.

Das Wandern der Mäander ist ein langsamer Prozess. Über Stunden oder Tage hinweg ist die Dynamik bei Hochwasser zu beobachten: nach starken Regenfällen oder bei Schneeschmelze steigt das Wasser im Fluss an und tritt über die Ufer. Mit dem Wasserstand ändert sich die Fließgeschwindigkeit, der Fluss fließt stellenweise "reißend schnell" und kann damit mehr Sedimente im Wasser mitführen. Fließt das Wasser langsamer, werden zunächst die schwereren Kies- und Sandteilchen und schließlich auch die leichteren Schluff- und Tonsedimente wieder abgelagert. Diese Dynamik verändert den lokalen Querschnitt des Flussbetts und treibt über die Jahre das Wandern der Mäander an.

 

Wie haben sich die Mäander des Roten Mains verändert?

Am Lehrstuhl für Geomorphologie wurde die beschriebene Dynamik 2020 in Zusammenarbeit mit der Regierung von Oberfranken in der Bachelorarbeit "Fluviale Morphodynamik und Morphogenese des Roten Mains in der Wilhelminenaue" von Sascha Natter untersucht.
Hier die wichtigsten Ergebnisse (Hervorhebungen sind zugefügt):

Fließstrecken im Untersuchungsgebiet

"Die Untersuchung des Roten Mains in der Wilhelminenaue über eine Zeitspanne von 275 Jahren zeigt dessen facettenreiche Veränderungen unter dem Einfluss des Menschen. Bei der Aufarbeitung der Karten vom 18. bis in das 20. Jahrhundert kann eine allgemeine Tendenz zu einer immer gestreckter verlaufenden Fließstrecke beobachtet werden. Im 20. und 21. Jahrhundert wurde der Fluss im Untersuchungsgebiet nachweislich stark anthropogen beeinflusst, indem dieser zunächst aus hochwasserschutz-technischen Gründen in ein begradigtes Flussbett verlegt und 73 Jahre später in ein naturnahes umgestaltet wurde. Während sich für die frühen Jahre des Untersuchungszeitraums eine gewisse Dynamik für die Veränderung der Fließstrecke erkennen lässt, so wurde dem Fluss durch die Begradigung jedwede Möglichkeit einer natürlichen Genese genommen."

Bachelorarbeit S. Nascher, Flussverlauf

 

Was hat sich seit der Renaturierung getan?

"Um den seit 2015 bestehenden Flusslauf hinsichtlich der Entwicklung einer natürlichen bzw. naturnahen Eigendynamik zu untersuchen, wäre die Methodik einer GIS-basierten Untersuchung zu grobmaschig und würde keine ausreichenden Ergebnisse liefern. Infolgedessen wird der Flusslauf im Jahr 2017 und im Jahr 2020 an den Hektometersteinen der Regelprofile in seinem Querschnitt vermessen. ...
Die Ergebnisse der Vermessung und Berechnung zeigen, dass sich der renaturierte Flusslauf in einer verstärkt von Sedimentation geprägten Phase befindet und sich somit die maximale Abflusskapazität des Gewässers als auch der benetzte Umfang verringert haben. Die Neigung zur Ablagerung von Sedimenten ist wahrscheinlich auf einen etwas zu groß angelegten neuen Flusslauf zurückzuführen. Deswegen ist die Fließgeschwindigkeit noch zu niedrig, um das für eine natürliche Fließgewässerentwicklung notwendige Gleichgewicht aus Erosion, Transport und Ablagerung herzustellen. Dies kann sich nach einer sedimentativen Phase einpendeln. Gleichwohl zeigen die Veränderungen, dass die Renaturierung des begradigten Flusslaufs bereits erste Erfolge nach sich zieht. Für einen naturnahen Flusslauf ist es unabdingbar, dass er sich aus eigener Dynamik morphologisch entwickeln kann."

Bachelorarbeit S. Natter, Querprofil


Ansprechpartner für an der Bachelorarbeit von Sascha Natter Interessierte ist Dr. Klaus-Martin Moldenhauer.

Aktuelle Termine
Mo. 27.03.2023 aktuell
Fotos beisteuern: Libellen und Biber in der Wilhelminenaue
Fr. 01.12.2023 aktuell
Fortführung nach 2023: Bildungsprojekt "Wasserstrategien im Klimawandel"

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