Simulation der Stickstoffdynamik im Einzugsgebiet des Trinkwassertalsperrensystems Weida/Zeulenroda
Thüringer Talsperrenverwaltung
Von 01/1996 bis 01/1997Projektleiter: Bernd Huwe
Mitarbeiter: Petra Thres
Simulation der Stickstoffdynamik im Einzugsgebiet des Trinkwassertalsperrensystems Weida/Zeulenroda Kurzbeschreibung: Zum Schutz des Grund- und Oberflächenwassers kommen in den letzten Jahren vermehrt physikalisch basierte Stickstoffmodelle zur Anwendung, um die Gefährdung durch die Nitratauswaschung aus landwirtschaftlichen Nutzflächen abzuschätzen. Auch im Untersuchungsgebiet dieser Arbeit - dem Trinkwassertalsperrensystem Weida/ Zeulenroda im Südosten von Thüringen - wird der Einsatz eines Stickstoffmodells als ein Modul eines Agrarmanagementmodells von der Thüringer Talsperrenverwaltung (TTV) erwägt. Ziel dieser Arbeit war die Überprüfung des numerischen Simulationsmodells WHNSIM (HUWE, 1992a) auf Schlagniveau: Es war zu überprüfen, ob das Modell WHNSIM in der Lage ist die Stickstoffdynamik ausgewählter Schläge zu beschreiben. Hierbei sollte auch hinterfragt werden, inwieweit die im Einzugsgebiet bereits vorliegenden Daten im Hinblick auf Umfang und Datenschärfe für eine Modellüberprüfung ausreichen. Besonderer Wert wurde auf die Berücksichtigung der durch die räumliche Variabilität, aber auch durch die Meßmethode bedingten Datenunschärfen von Eingabeparameter und Zustandsgrößen gelegt, indem neben Fehlerbetrachtungen zu den Zustandsgrößen auch Senitivitätsuntersuchungen zu unscharfen Eingabeparametern durchgeführt wurden. An den beiden repräsentativen Untersuchungsstandorten "Läwitz Tiefental" und "Piesigitz am Dorf" wurde zunächst die Modellkalibrierung von WHNSIM vorgenommen. Für diese Kalibrierstandorte wurden einmalig die notwendigen Eingabeparameter sowie vierzehntägig über den Winter 1996/1997 die zur Modellvalidierung erforderlichen Zustandsgrößen gemessen. Als Eingabeparameter wurden einmalig bodenphysikalische Kenngrößen (Wasserspannungscharakteristik, hydraulische Leitfähigkeit bei Sättigung) sowie bodenchemische Parameter (Boden-pH, Gesamtstickstoff und C/N-Verhältnis) bestimmt. Zudem wurde vierzehntägig über den Winter 1996/1997 hinweg der volumetrische Wassergehalt und der anorganische Stickstoff, der sogenannte Nmin-Parameter (die Summe der NH4+- und NO3--Konzentration), jeweils getrennt für drei Horizonte gemessen. Für beide Untersuchungsstandorte konnte jeweils ein Parametersatz gefunden werden, mit welchem der Verlauf der Zustandsgrößen (Nmin und Wassergehalte) innerhalb des Bereichs der Meßfehler beschrieben werden konnte. Die Modellvalidierung erfolgte an fünf weiteren Standorten, welche dem Nmin-Monitoringprogramm der Thüringer Landesantalt für Landwirtschaft (TLL) angehören. Aufgrund der von der TLL geführten Nmin-Datenblätter mit Informationen zu den Böden der Nmin-Standorte wurde jedem der fünf Standorte einer der beiden Parametersätze zugeordnet. Mit Hilfe dieses Parametersatzes wurde die Nmin-Dynamik für den Zeitraum November 1993 bis zum Mai 1997 mit WHNSIM simuliert. Die seit 1993 von der TLL dreimal pro Jahr gemessenen Nmin-Werte und zugehörigen Wassergehalte dienten als Validierungsgrößen. Die simulierten Werte lagen mit wenigen Ausnahmen im Bereich der Fehlerbalken der Zustandsgrößen. Aus dem alleinigen Vergleich von gemessenen und simulierten N- und Wassergehalten könnte damit geschlossen werden, daß WHNSIM als geeignetes Instrument zur Beschreibung der Nmin-Dynamik angesehen werden kann. Es konnte im Rahmen dieser Arbeit mit Hilfe einer Fehlerbetrachtung zu den Zustandsgrößen sowie einer Sensitivitätsstudie zum oberen Rand gezeigt werden, daß dieses auch in der Literatur häufig vorfindbare "Minimalprogramm zur Modellvalidierung" nicht ausreicht: Die Nmin-Spanne der im Einzugsgebiet seit 1993 erfassten Meßwerte ist in Anbetracht des beachtlichen, durch die räumliche Varibilität der Nmin-Werte bedingten Fehlers nicht ausreichend, um eine Modellvalidierung vorzunehmen. Die Berechnung der Modelleffizienz zeigte, daß der Mittelwert aller gemessener Nmin-Werte als konstanter Schätzer eine bessere Anpassung an die Daten darstellte, als die zeitlich dynamischen von WHNSIM berechneten Größen. Da das Modell WHNSIM die Fehlerbalken der Nmin-Werte nur in wenigen Ausnahmen überschreitet, wird diese Problematik durch die unzureichende Nmin-Messung verursacht: Einerseits liegt dies in der geringen Beprobungsfrequenz (dreimal jährlich) und den ungünstigen Probenahmeterminen (im Frühjahr vor der Düngung, nach der Ernte und im Spätherbst) zu Zeiten geringer N-Gehalte begründet. Für die Überprüfung der Nmin-Dynamik wären jedoch auch Probenahmetermine zu Zeiten hoher Nmin-Gehalte notwendig gewesen. Andererseits ist der Nmin-Fehler bei der Standardmethode nach VDLUFA - wie sie in ganz Deutschland und damit auch bei der TLL allgemein üblich ist - im Hinblick auf Modellierungen als sehr problematisch zu bewerten. In der Standardmethode werden 16 Einschläge pro Schlag als ausreichend befunden, um einen für den Schlag repräsentativen Nmin-Wert zu bestimmen. Für die landwirtschaftlichen Schläge der neuen Bundesländer, die häufig 40-60 ha umfassen, scheint eine Erhöhung des Probenumfangs von 16 auf 40 Proben unbedingt notwendig, um den Nmin-Fehler um ca. 40 % zu reduzieren. Auch in Anbetracht des herbstlichen Nmin-Grenzwertes von 60 kg N/ha, mit dessen Überschreitung geringere Ausgleichszahlungen an die Landwirte verbunden sind, ist eine Erhöhung des Probenumgfangs notwendig: Bei mittlerer Variabilität reicht das 95%-Konfidenzintervall eines Nmin-Wertes von 60 kg N/(ha×0.3m) bei nur 16 Einschlägen von 25-95 kg N/(ha×0.3m). Werden hingegen 40 Einschläge vorgenommen, so reduziert sich die Fehlerspanne auf den Bereich von 40-80 kg N/(ha×0.3m). Desweiteren wurde mit einer Sensitivitätsanalyse zum oberen Rand gezeigt, daß die Datengrundlage nicht ausreicht, um einen eindeutigen Parametersatz zu finden: Drei Eingabeparameter - die potentielle Verdunstung, die hydraulische Leitfähigkeit bei Sättigung und der Mineralisationskoeffizient - wurden systematisch innerhalb ihres physikalisch sinnvollen Spielraums variiert. Hierbei konnten unterschiedliche Parametersätze mit um den Faktor drei differierenden Nitratausträgen gefunden werden, welche die Nmin-Dynamik bei gleicher Güte beschreiben. Mit diesem Phänomen muß immer dann gerechnet werden, wenn die Wasserflüsse am oberen und unteren Rand unbekannt sind und das zu überprüfende Modell einfache Verdunstungsformeln - wie beispielsweise Penman oder Haude - verwendet, welche auf ihre Gültigkeit für den Standort nicht überprüft wurden. Da die auf wenigen meteorologischen Meßdaten basierenden Verdunstungsformeln in zahlreichen Modellen Verwendung finden, besteht auch bei anderen Modellanwendungen die Gefahr, daß die Wasserflüsse und damit der Nitrataustrag aufgrund einer unzureichenden Verdunstungsfomel unter- bzw. überschätzt werden. Eine Überprüfung der Wasserflüsse am oberen oder unteren Rand des zu modellierenden Systems ist im Zusammenhang mit Modellvalidierungen durch zusätzliche Messungen der Verdunstung oder aber der Sickerung unbedingt erforderlich, um die korrekte Beschreibung des Wasserhaushaltes und damit auch des Nitrataustrages zu gewährleisten. Projektmitarbeiter: Prof. Bernd Huwe (Leitung) Dr. K. Totsche P. Thres Beginn: 1996 Abschluss: 1997 Finanzierung: Thüringer Talsperrenverwaltung