Ist die thermische Nutzung von Grundwasser eine Verschmutzung?

Philipp Blum1, Kathrin Menberg1, Fabien Koch1, Susanne Benz2, Carolin Tissen1, Hannes Hemmerle3, Peter Bayer3
1 Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
2 Dalhousie University
3 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

P 8.3 in Temperaturänderungen im Grundwasser: Ursachen, Prozesse und Auswirkungen

Durch die zunehmende Klimakrise werden erneuerbare Energien, wie auch die geothermische Nutzung des Untergrunds, weiter an Bedeutung gewinnen und immer mehr Anlagen werden zur Reduzierung von Treibhausgasen eingesetzt. In Europa werden so derzeit ungefähr 4 Millionen Tonnen CO2 durch Erdwärmesonden (EWS) eingespart (Bayer et al. 2012). Die Zunahme solcher Anlagen wird den Druck auf Grundwassersysteme weiter erhöhen und Konflikte mit der Nutzung als Trink­wasser verstärken. Bis heute gibt es in vielen Ländern der Welt und auch in Deutschland nur unzureichende oder gar keine Gesetze zur Regelung der geothermischen Nutzung des Untergrunds.

Im Jahr 2000 hat die Europäische Union im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie (WFD) den Eintrag von Wärme ins Grundwasser zwar grundsätzlich als Verschmutzung definiert, rechtlich bindende Temperaturgrenzwerte wurden jedoch nicht festgelegt und variieren, falls überhaupt vorhanden, stark unter den Mitgliedstaaten. Ebenfalls wird das Abkühlen von Grundwasser zu Heizzwecken nicht explizit erwähnt. In Deutschland zum Beispiel sind schädliche Veränderungen der physischen, chemischen und biologischen Eigenschaften des Grundwassers zu vermeiden. In der Schweiz sollte die Grundwasser­biozönose im natürlichen Zustand bleiben. Genaue und rechtlich bindende Definitionen von „schädlichen Veränderungen“ und dem „natürlichen Zustand“ fehlen aber bis heute.

Diese Studie gibt daher einen Überblick über die nationale und internationale Rechtslage zur Nutzung der oberflächennahen Geothermie (Hähn­lein et al. 2010, 2011). Basierend auf diesen Erkenntnissen wird eine Strategie zur nachhaltigen Nutzung des Untergrunds vorgestellt (Hähnlein et al. 2013). Ferner werden aktuelle und unveröffentlichte Untersuchungen zur Grundwasserökologie in Karlsruhe vorgestellt, die einen ersten Einblick in den Lebensraum eines anthropogen beeinflussten Aquifers geben (Koch et al. 2021). Neben geothermischen Systemen, werden weitere anthropogene Wärme­quellen vorgestellt, die das thermische Regime im Grundwasser nachhaltig verändern (Tissen et al., 2019). Mithilfe der dargestellten Ergebnisse wird die oben genannte Frage beantwortet und weitere Empfehlungen gegeben, wie der Untergrund und auch das Grundwasser nachhaltig thermisch genutzt werden kann, um den zukünftigen Konflikt der Grundwassernutzung zu minimieren (Blum et al. 2021).



Bayer, P., Saner, D., Bolay, S., Rybach, L., Blum, P. (2012): Greenhouse gas emission savings of ground source heat pump systems in Europe: A review. Renewable & Sustainable Energy Reviews. 16(2), 1256–1267.

Blum, P., Menberg, K., Koch, F., Benz, S.A., Tissen, C., Hemmerle, H., Bayer, P. (2021): Is thermal use of groundwater a pollution? Journal of Contaminant Hydrology, 239, 103791.

Hähnlein, S., Bayer, P., Blum, P. (2010): International legal status of the use of shallow geothermal energy. Renewable & Sustainable Energy Reviews, 14, 2611–2625.

Hähnlein,  S.,  Blum,  P.,  Bayer,  P.  (2011):  Oberflächennahe  Geothermie – aktuelle rechtliche Situation in Deutschland. Grundwasser, 16, 69–75. 

Hähnlein, S., Bayer, P., Ferguson, G., Blum, P. (2013): Sustainability and policy for the thermal use of shallow geothermal energy. Energy Policy, 59, 914–925.

Koch, F., Menberg, K., Schweikert, S., Spengler, C., Hahn, H.J., Blum, P. (2021): Groundwater fauna in an urban area–natural or affected? Hydrology and Earth System Sciences, 25 (6), 3053-3070.

Tissen, C., Benz, S., Menberg, K., Bayer, P. & Blum, P. (2019): Groundwater temperature anomalies in Central Europe. Environmental Research Letters, 14, 104012.