Multivariate statistische Analyse zur thermischen Beeinflussung des Grundwassers im Untergrund der Großstadt München

Fabian Böttcher1, Zosseder Kai1
1 Lehrstuhl für Hydrogeologie, TU München

V 8.4 in Temperaturänderungen im Grundwasser: Ursachen, Prozesse und Auswirkungen

25.03.2022, 09:45-10:00, HS 1

Die oberflächennahen Grundwasserleiter unter Städten werden in hohem Maße von anthropogenen Wärmequellen beeinflusst, wodurch sich weitläufige unterirdische Wärmeinseln gebildet haben (Menberg et al., 2013). Zusätzlich zu den anthropogenen Faktoren beeinflussen auch natürliche Faktoren die Temperatur des Untergrunds (Epting and Huggenberger, 2013). Die Wirkung der einzelnen Faktoren ist durch die hohe zeitliche Dynamik im städtischen Umfeld allerdings schwer zu erfassen. Besonders bei sehr oberflächennahen Grundwasserleitern überprägen die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen oft den Einfluss von bestehenden Wärmequellen oder -senken.

Für die Großstadt München identifizieren wir die dominierenden anthropogenen und natürlichen Einflüsse auf die Grundwassertemperatur und analysieren, wie sich die Einflüsse mit zunehmender Tiefe im Untergrund verändern. Dazu verwenden wir Tiefentemperaturprofile aus 752 ausgewählten Grundwassermessstellen. Da die Messungen jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen April bis Juni durchgeführt wurden, haben wir einen statistischen Ansatz entwickelt, um die unterschiedlichen jahreszeitlichen Temperatureinflüsse mittels passive heat tracing zu kompensieren (Carslow, Jaeger and Morral, 1986). Für das passive heat tracing nutzen wir 71 mehrjährigen Temperaturzeitreihen mit denen wir statistisch eine mittlere Temperaturleitfähigkeit schätzen, um die Temperaturprofile entsprechend zu korrigieren. Außerdem stellen wir einen thermischen Expositionsindex vor, mit dem die thermische Belastung des Grundwasserleiters räumlich bewertet werden kann.

Eine multiple Regressionsanalyse von vier natürlichen und neun anthropogenen Faktoren ergab, dass die Oberflächenversiegelung den stärksten und das Fernwärmenetz einen schwachen, aber signifikanten Einfluss ausübt. Darüber hinaus zeigen die natürlichen Faktoren Grundwassermächtigkeit, Flurabstand und Darcy-Geschwindigkeit einen signifikanten kühlenden Einfluss auf die Grundwassertemperatur. Bei lokalen Einflussfaktoren wie thermischen Grundwassernutzungen, Oberflächengewässern und unterirdischen Gebäudestrukturen konnte kein wesentlicher Beitrag zur stadtweiten Temperaturverteilung festgestellt werden. Abschließend ermöglicht der thermische Expositionsindex die Bewertung einer potenziellen Auswirkung auf die Grundwasserqualität und bietet eine wertvolle Entscheidungsgrundlage für die nachhaltige Nutzung der Grundwasserressourcen unter Städten.

Zusammenfassend zeigt die statistische Analyse, dass der kritischste Faktor für die Abschwächung des zukünftigen Grundwassertemperaturanstiegs in Städten darin besteht, die weitere Versiegelung des Bodens zu minimieren, die Durchlässigkeit von stark versiegelten Flächen wiederherzustellen und offene Landschaften zu erhalten. Für Punktquellen, wie thermische Nutzungen, konnte kein signifikanter stadtweiter Einfluss festgestellt werden.



Carslow, H. S., Jaeger, J. C. and Morral, J. E. (1986) Conduction of Heat in Solids. 2nd edn, Journal of Engineering Materials and Technology. 2nd edn. Oxford: Clarendon Press.

Epting, J. and Huggenberger, P. (2013) Unraveling the heat island effect observed in urban groundwater bodies - Definition of a potential natural state, Journal of Hydrology. Elsevier B.V., 501, pp. 193–204.

Menberg, K. et al. (2013) Subsurface urban heat islands in German cities, Science of the Total Environment. Elsevier B.V., 442, pp. 123–133.



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