Vorschlag thermischer Geringfügigkeitsschwellen für eine umweltverträgliche thermische Nutzung von Aquiferen

Kai-Uwe Ulrich1, Dieter Poetke1, Wolfram Canzler2, Volker Jungk2, Uwe Hiester3, Bernd Kirschbaum4
1 BGD ECOSAX GmbH
2 AKVO GmbH
3 reconsite GmbH
4 Umweltbundesamt (UBA)

V 8.7 in Temperaturänderungen im Grundwasser: Ursachen, Prozesse und Auswirkungen

25.03.2022, 11:00-11:15, HS 1

Im Rahmen des UBA-Forschungsvorhabens “Umweltverträgliche Nutzung geothermischer Wärmespeicher – Ermittlung und Bewertung thermischer Veränderungen im Grundwasser, thermische Bewirtschaftung des Grundwassers, Handlungsempfehlungen” wurde untersucht, welche thermischen Auswirkungen oberflächennahe unterirdische thermische Energiespeicher (UTES) auf die Grundwasserqualität haben. Die Abschätzung des Auswirkungsraums eines UTES erfolgte mit numerischen Modellen. Die kritischen Auswirkungen auf die Grundwasserqualität wurden evaluiert und thermische Geringfügigkeitsschwellenwerte (T-GFS) abgeleitet.

Oberflächennahe Grundwasserleiter haben ein enormes Wärmespeicherpotenzial und können einen wesentlichen Beitrag zur klimaneutralen Wärme- und Kälteversorgung, als saisonale Puffersysteme und für die Speicherung von Überschussstrom (Power-to-Heat) leisten. Im Sinne der Daseinsvorsorge wird jedoch dem Schutz des Grundwassers, insbesondere für die Trinkwassergewinnung, oberste Priorität vor anderen Nutzungen eingeräumt (WHG 2009). Im Vorhaben wurde ermittelt, welche Temperaturveränderungen im Aquifer zu Änderungen physikalischer, chemischer, geotechnischer und ökologischer Prozesse und Kennwerte führen, die nicht mehr als geringfügig zu bewerten sind und im Sinne der deutschen Wassergesetzgebung nachteilige Veränderungen im Grundwasserkörper und damit verbundener Nutzungsoptionen erwarten lassen.

Aufbauend auf numerischer Wärmetransportmodellierung wurden die thermischen Auswirkungen von UTES in ihrer räumlichen und zeitlichen Dimension kategorisiert und in Bezug gesetzt zu den Lebensraumansprüchen von Grundwasserbiozönosen. Ein wesentliches Ergebnis der Studie ist eine differenzierte Bewertung nachteiliger Veränderungen im Grundwasser. Durch eine Unterscheidung süßwasserführender Grundwasserkörper in oxische und anoxische Grundwasserleiter können unterschiedliche T-GFS vorgeschlagen werden. Auch bei „Urban Heat Islands“, die auf direkten menschlichen Einfluss zurückzuführen sind, sollten weniger strenge T-GFS angewendet werden. Mit den abgeleiteten thermischen Geringfügigkeitsschwellen ist eine nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers auch mit geothermischen Wärmespeichern möglich. Es werden Beispiele vorgestellt, die involvierten Fachleuten im Bereich Geologie, Hydrogeologie, Grundwasserökologie, Geothermie, Planung und den Behörden eine Abschätzung der thermischen Geringfügigkeit erleichtern.

Die Grundwassertemperaturen werden aufgrund der Urbanisierung und der globalen Erwärmung sowohl lokal als auch global ansteigen. Eine vordringliche hoheitliche Aufgabe ist die Erarbeitung eines übergreifenden 3D-Untergrundplanungsrechts und Katasterwesens, um die thermische Nutzung des Untergrundes zur Unterstützung der Klimaschutzziele umweltverträglich auszubauen und um die Qualität und Quantität des Grundwassers auch in Zukunft zu sichern.



Wasserhaushaltsgesetz (WHG) - Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts vom 31.07.2009, zuletzt geändert am 18.07.2017



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