Die Verfügbarkeit organischer Substanz steuert die Verwitterung und die Entwicklung von Mikrostruktur während der initialen Bodenbildung

Thomas Ritschel1, Michaela Aehnelt1, Kai Totsche1
1 Lehrstuhl Hydrogeologie, Friedrich-Schiller-Universität

V 15.3 in Grundwasserqualitätsentwicklung – Erkenntnisse aus Langzeitstudien in der Kritischen Zone

24.03.2022, 11:00-11:15, HS 2

Die initiale Bodenentwicklung wird häufig mit physikochemischer Verwitterung und der Umwandlung sowie Auflösung von Ausgangsgestein gleichgesetzt. Die Herausbildung einer strukturierten Abfolge belebter Horizonte, die einen gereiften Boden ausmachen, bedarf jedoch einer Vielzahl weiterer Prozesse, die gewöhnlich den späteren Stadien der Bodenentwicklung zugeordnet werden. Mit dem weiträumigen Rückzug von Gletschern infolge der globalen Erwärmung und der vielerorts auftretenden Bodenerosion wird jedoch ein erneuter Blick auf initiale Bodenentwicklung notwendig. Der Umfang und die Wechselwirkung der Bodenbildungsprozesse, die bereits neben der Verwitterung des frischen Ausgangsgesteins aktiv sind oder aktiviert werden, sind besonders entscheidend für die Funktionalität des Bodens in der kritischen Zone, zum Beispiel als Filter für infiltrierendes Niederschlagswasser. Um die initiale Bodenbildung eingehender zu untersuchen, starteten wir ein Zeitraffer-Experiment, in welchem Kalksteinklasten mit frisch exponierten Oberflächen einem dynamischen Wechsel von Beregnung, Aufsättigung und Aeration ausgesetzt waren. Eine umfangreiche physikochemische Analytik, die Erfassung freigesetzter Elemente mit ICP-OES/MS und die Aufnahme der Oberflächen im Verlauf des Experimentes mit Rasterelektronenmikroskopie erlaubte uns, die Alteration der Oberflächen mit den Auflösungsraten der Minerale in Verbindung zu setzen. Im Vergleich zu einer Beregnung mit künstlichem Regenwasser zeigte die Zugabe organischer Substanz eine Erhöhung der Karbonatlösungskapazität bei gleichzeitiger Herabsetzung der Lösungsrate durch Belegung und Abschirmung der Oberflächen. Die Verwitterung des Ausgangsgesteins mobilisierte eingeschlossene Tonminerale und die Oxidation geringer Pyritanteile im Kalkstein führte zur Bildung pedogener Eisenoxide. Je nach Verfügbarkeit organischer Substanz wurden die freigesetzten Tonminerale und Eisenoxide entweder mit dem Sickerwasser verlagert oder in Form von Aggregaten oder Krusten an Porenwänden festgelegt. Wir konnten somit zeigen, wie die Verwitterung des Ausgangsgesteins bereits mit dem Transport organischer Substanz, Aggregation, Tonverlagerung und der Entwicklung von Bodenstruktur verzahnt ist und diese typischerweise der späten Bodenentwicklung zugeordneten Prozesse bereits mit dem ersten Kontakt des Ausgangsgesteins mit der Umwelt wirksam sind.



Export as iCal: Export iCal