Wassereinzugsgebiet vs. Naturschutzgebiet: Pilotversuch zur Beregnung eines Berliner Moores mit entmaterialisiertem Trinkwasser

Gunnar Lorenzen1, Martin Schulz1, Lisa-Maija Paul1, Bernhard Hasch1
1 Berliner Wasserbetriebe

V 6.3 in Hydrogeologie in der Praxis

24.03.2022, 09:30-09:45, HS 2

Für die Wasserversorgung der Stadt Berlin mit ca. 3,7 Mio. Einwohnern fördern die Berliner Wasserbetriebe aktuell ca. 230 Mio. m3 Grundwasser pro Jahr aus 650 Brunnen. Das Rohwasser wird zu ca. 90 % innerhalb des Stadtgebietes gewonnen. Während die Bevölkerung wächst und die Folgen des Klimawandels sich zunehmend bemerkbar machen, wächst der Druck auf die Wasserressourcen. Diese sind auf Grund qualitativer Aspekte limitiert, insbesondere durch Altlasten, Sulfat und Spurenstoffe im Uferfiltrat sowie durch geogene Versalzung und Huminstoffe. Hinzu kommen quantitative Einschränkungen, vermehrte Trockenphasen aber auch Nutzungskonflikte, z.B. mit der Schifffahrt und dem Naturschutz. Für eine sichere Versorgung und ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement müssen daher neue Strategien und Methoden geprüft und umgesetzt werden.

Vor diesem Hintergrund laufen die langwierigen wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren zur Sicherung der Entnahmerechte von Grundwasser für die Trinkwasserversorgung. Für die meisten Berliner Wasserwerke sind diese noch nicht abgeschlossen. Eine besondere Herausforderung stellen grundwasserabhängige Ökosysteme in den Einzugsgebieten einiger Wasserwerke dar, insbesondere solche die als Flora Fauna-Habitate (FFH-Gebiete) ausgewiesen und durch EU-Recht streng geschützt sind.

In einem Pilotprojet versuchen die Berliner Wasserbetriebe seit 2020, den Wasserhaushalt eines Moores durch Beregnung mit saurem, nährstoffarmem Wasser zu stützen um die Erhaltung des sensiblen Ökosystems unabhängig von den Grundwasserständen sicherzustellen. Die Untersuchungen werden am Barssee-Moor im Grunewald durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein Kesselmoor, welches in einer subglazialen Rinne entstanden ist. Infolge der Grundwasserabsenkung durch die benachbarten Wasserwerke ist von dem ehemaligen See mit Randmooren nur noch eine kleine Wasserfläche erhalten, die von einem Übergangs- und Schwingrasenmoor umgeben ist.

Für die Bewässerung im Großversuch wird Trinkwasser mittels Umkehrosmose entminerialisiert und über vier Teilkreisregner auf dem ca. 11.000 m2 großen Moorkörper verteilt. In einem umfangreichen Monitoring werden Wasserhaushalt und -beschaffenheit sowie die Oszillation der Mooroberfläche gemessen und Biotopkartierungen durchgeführt. Als Referenzfläche dient das benachbarte Pechsee-Moor. Die Ergebnisse aus den ersten beiden Bewässerungsperioden (Sommerhalbjahre 2020/21) sehen vielversprechend aus: Durch die künstliche Beregnung wurde die Niederschlagsmenge auf dem Barssee-Moor um ca. 50% erhöht. Der Wasserstad wurde gegenüber dem Referenzmoor deutlich angehoben, während die chemischen Parameter eine sehr gute Verträglichkeit indizieren. Wenn die vorläufigen positiven Ergebnisse in einer abschließenden Bewertung bestätigt werden, könnte das Verfahren dauerhaft umgesetzt werden und unter bestimmten Voraussetzungen auch für andere nährstoffarme Moore geeignet sein.

Beregnung und Messtechnik auf dem Barssee-Moor
Beregnung und Messtechnik auf dem Barssee-Moor




 



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