Auenlehrpfad

Mikroplastik im Süßwasser: Forschungsstand 2023

Im Jahr 2023 geht der Sonderforschungsbereich Mikroplastik an der Universität Bayreuth - gestartet 2019 - bereits in die zweite Förderphase. In zahlreichen weiteren nationalen und europäischen Projekten zum Thema wirken Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftleraus Bayreuth mit. Wir greifen die zur Landesgartenschau 2016 aktuellen Forschungsfragen auf und wollen wissen, was die Wissenschaft heute dazu sagen kann:

Offene Fragen 2016 - Antworten 2023

Auf welchen Wegen gelangt wieviel des Plastiks in unsere Bäche und Seen?

Es gibt viele verschiedene Eintragswege und Quellen, wie Plastik in unsere Umwelt gelangt. Während für primäres Mikroplastik, das in verschiedenen Produkten enthalten ist (z.B. Kosmetik, Reinigungsmitteln, Düngemittelbeschichtungen), bereits Regulierungen auf den Weg gebracht wurden bzw. aktuell diskutiert werden, ist dies für sekundäres Mikroplastik, das durch Zerfall oder Abrieb von Plastikprodukten entsteht, nur schwer möglich. Sekundäres Mikroplastik stammt aus dem Abrieb von Plastikprodukten beim täglichen Gebrauch (wie Küchenutensilien, Dispersionsfarben, Reifenabrieb, Textilien, Geotextilien) oder aus dem Zerfall von größeren Kunststoffgegenständen durch die Einwirkung von UV-Strahlung und anderen Umweltfaktoren.

Bei den Eintragswegen für Mikroplastik in der Umwelt unterscheidet man zwischen diffusen und punktuellen Quellen. Diffus gelangt Mikroplastik z.B. verweht durch die Luft oder durch Regen von plastikbelasteten Flächen abgeschwemmt in unsere Flüsse, Seen und Bäche. Eine typische Punktquelle für Flüsse sind Kläranlagen. Hier landen viele primäre und sekundäre Mikroplastikpartikel mit dem Abwasser aus unserer Wohnung. Obwohl viel Mikroplastik in der Kläranlage mit dem Klärschlamm herausgefiltert wird, gelangt ein Teil trotzdem mit dem geklärten Abwasser in Flüsse. Obwohl Klärschlamm als wertvoller Dünger früher samt dem enthaltenen Mikroplastik auf Äcker ausgebracht wurde, wird er in Zukunft wahrscheinlich generell verbrannt werden, um die Kontamination von Ackerflächen zu verhindern.

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Wie wirken sich in den Körper aufgenommene Kunststoffpartikel auf die Gesundheit von Menschen und Tieren aus?

Kunststoffpartikel, so genannte Mikroplastikpartikel, sind im Vergleich zu bestimmen Schadstoffen ein bunter Mix an Substanzen. Kunststoffe und auch die daraus entstehenden Mikroplastikpartikel bestehen aus verschiedenen Polymeren und können zusätzlich Additive wie beispielsweise Farbstoffe, Weichmacher und UV-Stabilisatoren enthalten, die giftig sein können. Abhängig von Ihrer Verweilzeit in der Umwelt „altern“ die Kunststoffpartikel und verändern damit ihre physikalische und chemische Zusammensetzung, wodurch ein gealtertes Mikroplastikteilchen wahrscheinlich eine andere Auswirkung auf einen Organismus hat als ein junges.

In Laborstudien des Sonderforschungsbereichs konnten für einzelne reine, nicht gealterte Polymere schädliche Effekte in verschiedenen Organismen beobachtet werden. Beispielsweise gab es bei den Wasserflöhen weniger Nachkommen oder Nachkommen, die kleiner und weniger robust waren. Welche Effekte Mikroplastik letztlich auf die menschliche Gesundheit haben könnte, muss jedoch noch weiter erforscht werden.

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Wie schädlich sind die verschiedenen Plastiksorten, und wie lässt sich Schaden vermeiden?

Das Thema ist sehr komplex: fundierte Aussagen für die verschiedenen Plastiksorten zu erlangen, ist Gegenstand der zweiten Förderphase im Sonderforschungsbereich. Hierbei ist die Sorte wie oben beschrieben nur einer von vielen Parameter: Alterung, Form und Additive müssen mit betrachtet werden.
In einer Laborstudie mit Süßwassermuscheln gab es erste Hinweise darauf, dass unterschiedliche Polymersorten unterschiedlich starke Effekte hervorrufen können, wobei PET hier die größten Effekte hatte.

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Schaden winzige Partikel mehr als die größeren?

Aus physikalischer Sicht ist dies zu befürchten: kleinere Partikel können leichter von Organismen aufgenommen werden, im Gewebe migrieren und in Zellen gelangen. Noch dazu haben sie im Verhältnis zu ihrem Volumen eine größere Oberfläche, an der sich chemische Reaktionen abspielen können.

Tatsächlich aber gibt es zu kleineren Partikeln im Nanobereich noch wenige Studien, die diesen Fragen nachgehen. Um hier zu eindeutigen Antworten kommen zu können, müssen die analytischen Methoden in der Mikroplastikforschung weiterentwickelt werden: aktuell ist es nicht möglich, Nanopartikel in komplexen Umwelt-Umgebungen zu identifizieren. Sicher ist allerdings, dass Mikroplastik, das bereits in der Umwelt ist, ein Reservoir für noch kleinere Teilchen bleibt.

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Mit welcher Methode lässt sich Mikroplastik so messen, dass Messergebnisse weltweit vergleichbar werden?

Leider lassen sich die bereits veröffentlichten Daten zu Mikroplastik häufig nur schwer miteinander vergleichen, da die Forscher*innen häufig unterschiedliche Methoden für Probenahme, Aufbereitung und Messung der Proben benutzen. Hier wird gerade mit viel Aufwand an der Vergleichbarkeit gearbeitet.

Um Mikroplastik in Umweltproben messen zu können gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Ansätze: Beim einen Ansatz wird gemessen, wieviel an Gewicht von Mikroplastik in einer Probe ist, das sind sogenannte massenbasierte Methoden. Der andere Ansatz misst, wie viele Partikel von Mikroplastik in einer Probe sind, das sind die partikelbasierten Methoden. Bei den massenbasierten Methoden gibt es kein unteres Größenlimit, dafür fehlt beim Ergebnis die Information, wie viele Partikel in welcher Größe und Form vorliegen, da nur das Gesamtgewicht einer Kunststoffsorte ermittelt wird. Bei partikelbasierten Methoden gewinnt man Ergebnisse zu Anzahl, Größe und Form der Partikel – allerdings ist man limitiert auf das Auflösungsvermögen der genutzten Geräte, die bestenfalls im Bereich von 100 Nanometern liegt, und erhält keine Daten zum Gewicht des Mikroplastiks in der Probe.

Beide Methoden sind somit für unterschiedliche Fragestellungen geeignet und als komplementär zu betrachten. Für ein zukünftiges Monitoring braucht es beide Ansätze. Da Anschaffungskosten und Messung im Moment noch personal-, zeit- und kostenintensiv sind, wird auch hier händeringend nach neuen Methoden geforscht.

Zum Vertiefen:

 

Offene Fragen und Forschungsansätze 2023

Im Sonderforschungsbereich fokussieren sich die Wissenschaftler*innen in der zweiten Förderphase vor allem auf umweltrelevantes Mikroplastik, das heißt sie nähern sich nach der Forschung an einfachen Modellsystemen in der ersten Förderphase nun dem realitätsnahen Mikroplastik an. Es werden komplexere Mikroplastikpartikel untersucht, die bereits durch die Umwelt verändert wurden - Alterung durch Sonneneinstrahlung, Bildung von Belägen - oder die sich aus mehreren Substanzen zusammensetzen (Polymer + Additiv). Neben der Bildung von Mikroplastik und dessen Veränderung in der Umwelt stehen wiederum die biologischen Effekte auf Organismen sowie der Transport in und zwischen Luft, Boden und Gewässern im Fokus. Es wird versucht, mit den gewonnenen Erkenntnissen neue Materialien zu entwickeln, die bei unabsichtlich eingetragenem Mikroplastik negative Effekte auf die Umwelt verhindern oder verringern.

 

SFB Mikroplastik, erste Phase

Aktuelle Termine
Mo. 27.03.2023 aktuell
Fotos beisteuern: Libellen und Biber in der Wilhelminenaue
Fr. 01.12.2023 aktuell
Fortführung nach 2023: Bildungsprojekt "Wasserstrategien im Klimawandel"

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