Ressource Trinkwasser:
Heimisch, erneuerbar, krisenfest?

Die dritte Veranstaltung im Dialogforum „Wasserkontroversen“ thematisierte am 29. September 2022 den Trinkwasserschutz im Klimawandel. Zu dieser Zeit bestimmten die Diskussion in den Medien ein im Winter möglicherweise drohender Gasmangel und seine Folgen, sowie die zu Wochenbeginn durch Sabotage entstandenen Lecks in den Ostsee-Gaspipelines. Zu Gast auf dem Podium waren Michael Belau, Referatsleiter Wasser­versorgungs­anlagen am Bayerischen Landesamt für Umwelt, Klaus Markolf als Leiter des Netzmanagements bei den Stadtwerken Bayreuth sowie Reinhard Wesinger, Geschäftsführer der GeoTeam Gesellschaft für umweltgerechte Land- und Wasserwirtschaft mbH. Rund 30 Gäste verfolgten die Podiumsdiskussion im Hörsaal der Uni Bayreuth, weitere 50 waren online mit dabei. Die Diskussion war rege und an manchen Punkten auch kontrovers.

Michael Belau (Verena Faßold)Herkunft unseres Trinkwassers: Heimisch?

Zumindest wird es nicht wie Öl und Gas aus fernen Ländern importiert! Aber, das stellte Michael Belau gleich zu Anfang klar: Aushelfen müssen sich die Regionen in Bayern seit vielen Jahren, schon vor den Veränderungen im Klimasystem. Sowohl Trinkwasser als auch Oberflächenwasser wird vom wasserreicheren Süden in den trockeneren Norden transportiert. Zwei Talsperren gleichen mit aufbereitetem Oberflächenwasser den regionalen Mangel an ergiebigen Grundwasser­vorkommen aus.

Er betonte den doppelten Nutzen, wenn sich kommunale Wasserversorger nicht einfach auf "Wasser von anderswo" verlassen, sondern eigene Brunnen und Quellen betreiben, oder neu erschließen: Zum einen erhöhen mehrere Standbeine die Versorgungssicherheit, zum anderen schärft das in heimischer Umgebung gewonnene Wasser das Bewusstsein dafür, wie wichtig und anspruchsvoll der Schutz der Grundwasserressourcen ist. Es gilt, die Filterkapazität unserer Böden richtig einzuschätzen und nicht überzustrapazieren. Diskutiert wurde, warum der Weg zur Schaffung neuer Brunnen oft ein so steiniger ist.

Reinhard Wesinger (Foto: Verena Faßold)Zukunft des Trinkwassers: Erneuerbar?

Unbedingt! Neues Grundwasser - die wichtigste Trinkwasser­ressource in Bayern - bildet sich aus Regenwasser, das durch die Bodenschichten gefiltert in den tieferen, Wasser führenden Gesteins­schichten ankommt. Bei der Grundwasser­neubildung wird allerdings der Klimawandel zum Gegen­spieler, indem er zwei Verlustgrößen in der Wasserhaushalts­bilanz verstärkt: bei Starkregen den schnellen Abfluss durch Bäche und Flüsse, und in warmen, trockenen Perioden die Verdunstung. Vielfach fehlt zudem inzwischen der langsam und kontinuierlich abtauende Schnee­speicher. Und so nehmen die unter­irdischen Wasservorräte seit der Jahrtausend­wende im Mittel ab.

Um gegenzusteuern, müssen wir umdenken und - umgekehrt zu den Maßnahmen der Flurbereinigung - verhindern, dass Regenwasser schnell durch Gräben und Drainagen abfließt, wie Reinhard Wesinger erläuterte. Niederschlagswasser braucht Zeit und Raum zum Versickern. Böden müssen so gut als möglich davor geschützt werden, dass die Sonne gespeichertes Wasser aus den Poren "hinauszieht". Auch Städte werden kühler und hochwasser-resistenter, wenn Siedlungsflächen Regenwasser wie ein Schwamm aufsaugen und speichern können.

 

Klaus Markolf (Verena Faßold)Im Fall der Fälle: Krisenfest?

Abgeschaltet wird das Wasser niemandem, stellte Klaus Markolf von den Bayreuther Stadtwerken klar. Die Bayreuther Trinkwasserversorgung verfügt über ausreichend Ressourcen, um auch für trockene Zeiten gewappnet zu sein. Wasserleitungssysteme sind so ausgelegt, dass sie ständig durchflossen sein müssen, denn stehendes Wasser führt zu hygienischen Problemen. Eine zentrales Abriegeln von Wasserversorgungsanlagen ist in jedem Fall zu vermeiden. Um eine Krise erst gar nicht entstehen zu lassen – der Dürresommer hat sich vielerorts ja bereits deutlich bemerkbar gemacht – arbeiten Kommunen daher mit Allgemeinverfügungen zum Wassersparen: dann darf der Rasen nicht mit Trinkwasser gegossen oder der Pool nicht gefüllt werden.

Ob man für den Fall der Fälle einen Wasservorrat für zwei Wochen im Keller haben sollte, wurde unterschiedlich bewertet. Die ansonsten zum Trinken auf Leitungswasser als bestüberwachtes Lebensmittel schwörenden Wasserwirtschaftler würden hier dann auch mal Mineralwasser als Notvorrat einsetzen.

 

Bilder WK III (Verena Faßold)Individuelle Nutzung: "Sorgsam, aber nicht geizig."

Im Publikum fragte man sich, ob man ob der Größe der Wassermengen überhaupt etwas ausrichten könne mit individuellen Sparmaßnahmen? In einer Stadt wie Bayreuth fällt der einzelne laufende Wasserhahn nicht ins Gewicht, selbst die vielen Pool-Füllungen gehen in der Gesamtheit an genutztem Wasser unter. Auch ist die heute verwendete Trinkwassermenge geringer als noch zur Jahrtausendwende, und im für größere Mengen dimensionierten Wasserleitungsnetz wird zweimal jährlich an jedem Endstrang eine „Pflegespülung“ durchgeführt.

Der Sinn eines sorgsamen Umgangs mit Wasser liegt tiefer: wir müssen als Gesellschaft das Bewusstsein und die Wertschätzung für die Ressource Wasser pflegen und der kommenden Generation vermitteln. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass Trinkwasser aus dem Wasserhahn kommt!

 

Bilder WK III (Verena Faßold)Flächen-Verant­wort­liche: In neue Lösungen investieren

Wer Fläche besitzt oder beplant, kann mitwirken, die Grundwasservorräte zu schonen und aufzubessern. In der Landwirtschaft hilft hier ein Design, das Wasser in der Landschaft und im Boden hält. Vielleicht ist die ein oder andere Drainage inzwischen verzichtbar? In der Bauleitplanung können durch Vorschriften oder Förderinstrumente Zisternen fürs Bewässern zur Regel gemacht und das Versiegeln von Böden minimiert werden. Beim Neubau eines Hauses lässt sich Grauwasser-Nutzung sinnvoll umsetzen, was nachträglich im Gebäudebestand kaum darstellbar ist. Es gilt, Wasserressourcen unterschiedlicher Qualität jeweils zweckgebunden zu nutzen.

 

Podiumsgäste und Moderation (Verena Faßold)Appell an die Politik: Geht voran!

Die abschließenden Wünsche an die Politik gingen in die selbe Richtung: benötigt werden Mut und Motivation, notwendige neue Ansätze auf lokaler Ebene umzusetzen, um ein Bewusstsein für die Lage und die Lösungen in die Breite der Bevölkerung zu bringen. Dezidiert wurde hierzu noch einmal auf den Abschlussbericht der Expertenkommission "Wasserversorgung in Bayern" mit Praxisbeispielen und Handlungsempfehlungen hingewiesen. Im Hinblick auf die starke Lobby, die andere Belange heutzutage haben, ist Rückhalt für den Schutz des Allgemeinguts Wasser durch die Politik auf allen Ebenen enorm wichtig. Auf Landesebene ist die Fortsetzung der Förderinstrumente der "Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschafltichen Vorhaben (RZWas)" unbedingt sinnvoll.

 

 

Die "Wasserkontroversen" werden im Zuge des Praxisdialogs vom Forschungsprojekt "AquaKlif - multiple Stressoren für Fließgewässer im Klimawandel" organisiert und durch das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Bayerischen Netzwerks für Klimaforschung (bayklif) gefördert. Forscherinnen und Forscher der Universität Bayreuth, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Technischen Universität München arbeiten in AquaKlif zusammen. Durch systematische Versuche und Modellrechnungen erarbeiten sie Grundlagen zur Abschätzung, wo zukünftig Kipppunkte in Bächen zu erwarten sind und wie Managementmaßnahmen sinnvoll ansetzen können, um Fließgewässer im Klimawandel zu schützen.

Text: Dr. Birgit Thies, AquaKlif Praxisdialog
Bilder: Dr. Verena Faßold, BayCEER Geschäftsstelle

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