Direct measurements of turbulent fluxes in the near surface environment at high latitudes applying the eddy-covariance method - The Arctic Turbulence Experiment 2006 (ARCTEX-2006) at Ny-Ålesund on Spitsbergen (Svalbard)
DFG Fo 226/11-1
From 11/2005 to 04/2007Principal Investigator: Thomas Foken, Johannes Lüers, Jörg Bareiss
Staff: Johannes Olesch
Die Abteilung Mikrometeorologie der Universität Bayreuth und das Fach Klimatologie der Universität
Trier starteten im Mai 2006 im Rahmen des DFG-Projektes Fo 226/11-1 zu einer Expedition nach
Spitzbergen. Dieses Archipel ist eines der nördlichsten Inselgruppen der Arktis (80° nördliche Breite),
ca. 1000 km vom Nordpol entfernt. Die Expedition führte unser Team, die Wissenschaftler
Dr. Johannes Lüers (Bayreuth), Dr. Jörg Bareiss und Prof. Dr. Alfred Helbig (Trier) sowie den
Techniker Jo Olesch (Bayreuth) an die Westküste Spitzbergens nach Ny-Ålesund (Abb. 1). Diese
ehemalige Bergbausiedlung ist heute ein internationales Zentrum der modernen Arktisforschung.
Abb. 1: ARCTEX-Team: Johannes Lüers, Jörg Bareiss, Alfred Helbig und Jo Olesch (v. l. n. r.)
Bereits seit Frühjahr 2005 liefen die Vorbereitungen der dreiwöchigen Messkampagne „ARCTEX“
(Arctic Turbulence Experiment). Das klingt eigentlich recht lange, aber die 800 kg Ausrüstung musste
bereits im Oktober 2005 mit dem AWI-Container per Schiff nach Ny-Ålesund verschifft werden.
ARCTEX beruht auf der langjährigen Erfahrung von Prof. Dr. Thomas Foken (Leiter Abt. Mikrometeorologie)
in der Polarforschung (Antarktisüberwinterung 1999) und wurde von ihm, Dr. Lüers und Dr. Bareiss bei
der DFG beantragt und gefördert. Ziel von ARCTEX war die direkte Messung turbulenter Energieflüsse
(Wärmestrom und Verdunstung) in der bodennahen Luftschicht über polaren Eis- und Schneelandschaften
unter Anwendung der Eddy-Kovarianz-Methode und mit einem Laser-Szintillometer. Hochgenaue Messungen
dieser Energieflüsse, die den Energiehaushaushalt und damit das Gefrieren bzw. Abschmelzen polaren
Eises oder Schnees steuern, liegen bisher nur sehr spärlich vor. Das ARCTEX-Team versuchte nun als
Pilotstudie diese Lücke zu schließen und durch präzise Messungen die bisherigen empirischen
Parametrisierungen in den Wetter- und Klimamodellen zu verbessern. Soweit – so gut!
Mit dem Blick auf den Kongsfjord während des Landeanflugs auf das Forscherdorf Ny-Ålesund wurden
unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt: kein Meereis im Fjord und nur noch Schneereste auf
dem Küstenstreifen. Der Januar 2006 war fast 10 °C wärmer als normal, der April sogar ganze
12 °C. Zum Glück waren wir die ersten Tage mit dem Aufbauen der Messkomplexe beschäftigt.
Wie es schien bestand keine Hoffnung auf die Rückkehr des Winters. Wir machten uns dennoch Mut,
mit dem Wissen, dass auch die Synoptiker der Wetterdienste irren können – v. a. in den Polarregionen
der Erde. Zu allem Unglück begann es auch noch in Strömen zu regnen. Nichts konnte uns aber
vom Aufbau der Messgeräte in dieser ungemütlichen Umgebung abhalten! Nach drei Tagen war
es geschafft, die Messgeräte im Schneematsch zu errichten (Abb. 2).
Abb. 2: Turbulenzmesskomplex in Ny-Ålesund, Spitzbergen, 79° N (Foto: Lüers)
Es scheinen noch Wunder zu passieren. Am ersten Maiwochenende war es soweit und das
Nordmeer schickte in Form eines kräftigen Sturmtiefs endlich den lange ersehnten Schneefall.
In kurzer Zeit sanken die Lufttemperaturen unter -15 °C, bei orkanartigen Windstärken
jedoch gefühlt wie -40 °C. Zentimeter für Zentimeter erhöhte sich die Schneedecke.
Der arktische Winter war zurück. Der Morgen danach offenbarte einen Winterzauber in
Ny-Ålesund. Glasklare Luft, das Himmelsblau schien gefroren und der Neuschnee verzauberte
das Tal im Kongsfjord. Jetzt sah unser Messfeld mit dem Strahlungsbock, Gradientmast und
der Turbulenzmessgeräten genau so aus, wie wir es uns während der langen Vorbereitungszeit
vorgestellt hatten (Abb. 3 links). Für die restlichen zwei Wochen herrschten perfekte
Messbedingungen.
Abb. 3: Links: Meteorologischer Gradientmast (6 m) am 8. Mai 2006 (Foto: Bareiss).
Rechts: Sendeeinheit des Laser-Szintillometers am Anfang der gut 100 m langen Messstrecke (Foto: Lüers)
Neben den Turbulenzmesskomplex und dem meteorologischen Gradientmast kam auch
ein sog. Szintillometer erfolgreich zum Einsatz (Abb. 3 rechts). Hier wird mit Hilfe von
zwei parallelen Laserstrahlen, die auf einer Strecke von gut 100 m die Luftschicht in
1.5 m Höhe über der Schneedecke durchqueren, der turbulente Wärmefluss
(Flimmers der Luft), gemessen. Auch bei diesen Messungen waren wir erfreut
über die vielen Tage mit geringer Bewölkung und guter Sicht (Abb. 4).
Abb. 4: Blick kurz vor Mitternacht (Polartag, 24 h Sonnenlicht) über den Kongsfjord zum Kronebreen-Gletscher (Foto: Lüers)
Nicht nur die Gigabyte an neu gewonnenen Daten auch das Kennenlernen und die hervorragende Zusammenarbeit
mit den Forscherkollegen und -kolleginnen aus aller Welt führten zum großen Erfolg von ARCTEX.
Unser Dank für reichlich Unterstützung und den schönen Aufenthalt an der AWIPEV Station gilt dem ortansässigen
deutsch-französischen Stations-Team. Für die hervorragende Verpflegung danken wird den Kings Bay Mitarbeitern
in ganz Ny-Ålesund.
Johannes Lüers, Jo Olesch (Universität Bayreuth)
Jörg Bareiss, Alfred Helbig (Universität Trier)
Homepage: http://www.arctex.uni-bayreuth.de/