Dimensionierung von Zuströmbereichen zu Grundwasserfassungen im Emmental unter hochgradig instationären Bedingungen

Peter Schätzl1, Rolf Tschumper2
1 AQUASOIL Ingenieure und Geologen GmbH
2 Amt für Wasser und Abfall, Kanton Bern

P 16.4 in Freie Themen

Im Kanton Bern, Schweiz, sind im Zuge des planerischen Grundwasserschutzes für mehrere hundert Trinkwasserfassungen die Zuströmbereiche Zu festzulegen. Die Zuströmbereiche umfassen per Definition den Teil des Einzugsgebiets, aus dem 90% des geförderten Wassers stammen und ordnen sich damit zwischen den Grundwasserschutzzonen (S1, S2, S3) und dem gesamten Einzugsgebiet ein. Die Abgrenzung der einzelnen Zonen kann methodisch auf unterschiedlichen Detaillierungsniveaus erfolgen - von der rein zeichnerischen Bestimmung mittels Isohypsenplänen über Bahnlinienverfahren bis hin zur komplexen dreidimensionalen Modellierung des Strömungsfeldes sowie der Wahrscheinlichkeit, dass Wasser von einem beliebigen Ort des Modellgebiets die Fassung erreicht (sog. Exit Probability). Durch zunehmende Verfügbarkeit von Messdaten und digitalen Werkzeugen, zeichnet sich ein Trend hin zu den detaillierteren und numerischen Methoden ab.

Aufgrund der sich häufig im Jahresverlauf hochgradig instationär verändernden Brunnenanströmung im Emmental greift eine einfache Auswertung der Exit Probability auf Basis weniger stationärer Modellzustände (z. B. maximaler/mittlerer/minimaler GWStand) zu kurz, da hierbei die Wirkung von oft nur kurzzeitig auftretenden Extremzuständen überschätzt wird. Eine vollständig instationäre Berechnung hingegen ist aufwändig und unterliegt theoretisch-methodischen Schwierigkeiten im Hinblick auf die Rolle der Dispersivität in der rückwärtsgerichteten Transportrechnung. Auf Basis eines vorliegenden horizontal-zweidimensionalen Grundwasserströmungsmodells für den Aquifer des Emmentals wurde daher für jede betrachtete Wasserfassung eine instationäre Strömungssimulation über vier Jahre mit der Bemessungsförderrate durchgeführt. Die hierbei erzeugten instationären Fließfelder wurden herangezogen, um - ausgehend von insgesamt > 1000 Startzeitpunkten mit Tagesabstand - wiederum instationär rückwärts gerichtete Random-Walk-Pfadlinien zu berechnen (für eine Laufzeit von jeweils einem Jahr). Die resultierenden Partikelstandorte aus allen Realisierungen wurden überlagert und – plausibilisiert durch hydrogeologische Lokalkenntnisse z. B. aus Tracer-, Pumpversuchen – als Basis für die Bemessung der Zuströmbereiche herangezogen. Als großer Vorteil der Methode hat sich die hiermit mögliche Abbildung der instationären Strömungsverhältnisse herausgestellt, die sicherstellt, dass instationäre Effekte weder unterschätzt (wie bei stationärer Betrachtung mittlerer Verhältnisse) noch überschätzt (wie bei zusätzlicher stationärer Betrachtung von Extremzuständen) werden.

Die Methodik wurde weitgehend automatisiert und erfolgreich für 50 Fassungsstandorte im Emmental angewandt. Weitere Anwendungen im Kanton Bern, insb. Im Berner Seeland, sind derzeit in Arbeit.

Auswertungsergebnis für die Wasserfassung Altwyden
Auswertungsergebnis für die Wasserfassung Altwyden