Datengetriebene Compressed-Sensing-Algorithmen zur intelligenten Optimierung von Grundwassermessnetzen und deren Anwendung auf Grundwasserstände und Nitrat

Marc Ohmer1, Jonas Weis1, Andreas Wunsch1, Tanja Liesch1, Nico Goldscheider1
1 Institut für Angewandte Geowissenschaften - Abteilung Hydrogeologie, KIT - Karlsruher Institut für Technologie

V 7.3 in Künstliche Intelligenz in der Hydrogeologie

23.03.2022, 11:00-11:15, HS 2

Effiziente Grundwassermessnetze sind von entscheidender Bedeutung für das Verständnis von Dynamik und Qualität hydrogeologischer Systeme und deren nachhaltige Bewirtschaftung. Im Grundwasser können systematische Daten meist nur punktuell an Grundwassermessstellen erhoben werden. Ziel bei der Messnetzplanung ist dabei immer ein optimaler Kompromiss zwischen umfassendem Systemverständnis und technischer und ökonomischer Machbarkeit (Ohmer et al. 2019).

Die komplexe Herausforderung der Optimierung von Messnetzen hinsichtlich Anzahl und Platzierung von Messstellen zur Charakterisierung hochdimensionaler, nichtlinearer Systeme spielt in nahezu allen wissenschaftlichen und technischen Disziplinen ein wichtige Rolle. Einen Ansatz der Messnetzoptimierung bieten Compressed Sensing-Algorithmen. Dies sind Verfahren zur Verarbeitung dünnbesetzter Signale, was sich am Beispiel Datenkomprimierung veranschaulichen lässt: Ein hochdimensionales Signal (z. B. Bild- oder Audiosignal) wird mittels mathematischer Methoden (z.B. Fourier-Transformation) in eine niedrigdimensionale Transformationsbasis komprimiert. In dieser werden redundante Informationen entfernt, sodass eine dünnbesetze Matrix übrigbleibt. Diese lässt sich mit Reduzierung der Datengröße verlustarm in das originale Signal zurück transformieren. Compressed Sensing nutzt diese Komprimierbarkeit um die Rekonstruktion mit einer möglichst geringen Anzahl von Messwerten mittels einer solchen geschätzten dünnbesetzten Matrix zu ermöglichen.

Die vorliegende Studie wendet einen von de Silva et al. (2021) entwickelten Ansatz zur datengetriebenen Optimierung von Sensorplatzierung und -anzahl erstmals auf Grundwassermessstellen an. Dabei werden dimensionsreduzierende Verfahren (u.a. Proper Orthogonal Decomposition POD, Singular Value Decomposition SVD) eingesetzt, um dominante zeitlich-räumliche Korrelationen (Hauptkomponenten, Eigenwerte) aus Trainingsdaten zu extrahieren. Die optimale Auswahl der Messstellen basiert auf dem recheneffizienten QR-Algorithmus, welcher durch eine kostenabhängige Optimierierungsroutine variable Kosten, technische Einschränkungen oder Relevanz berücksichtigen lässt. Das Verfahren lässt sowohl eine Reduktion bestehender Messnetze als auch eine Erweiterung zu. Des Weiteren kann anhand des Modells untersucht werden, welche zeitlichen Auflösungen geeignet sind, um die vorherrschende Dynamik abzubilden.

Die Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung werden an Hand von zwei Fallbeispielen in Baden-Württemberg demonstriert. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich wöchentliche Messwerte eines bestehenden Grundwasserstands-Messnetzes mit einer deutlich verringerten Zahl an Messstellen mit nur geringen Genauigkeitsverlusten nachbilden lassen. Bei Nitrat zeigt sich, dass die zeitliche Auflösung der vorliegenden Messwerte für eine Abbildung der zeitlichen Dynamik im Modell nicht ausreicht und daher eine Reduzierung des Messnetzes zu erheblichen Verlusten in der Genauigkeit führt.



de Silva, B., Manohar, K., Clark E, Brunton, B.W., Brunton, S., J. Kutz, N. (2021): PySensors: A Python Package for Sparse Sensor Placement

Ohmer, M., Liesch, T. & Goldscheider, N. (2019):On the optimal spatial design for groundwater level monitoring networks Water Resources Research 55 (11), 9454–9473.



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