Quantifizierung und mögliche Ursachen abnehmender Grundwasserressourcen in der Mittelmeer-Region von 2003 bis 2020

Grundwasser trägt in den meisten Ländern der Mittelmeerregion einen großen Teil zur öffentlichen und industriellen Wasserversorgung bei und ist in unterschiedlichem Maße durch anthropogene Nutzung und klimatische Einflüsse beeinträchtigt. Vielerorts wurden bereits deutliche Absenkungen des Grundwasserspiegels beobachtet, die auf ein Ungleichgewicht zwischen natürlicher Grundwasserneubildung und Grundwasserentnahmen hinweisen, insbesondere in den ariden und semiariden Regionen Nordafrikas und der Arabischen Halbinsel. Das Ausmaß der Änderung der Grundwasserspeicherung (GWS) in der Mittelmeerregion wurde für den Zeitraum von 2003 bis 2020 anhand der neuesten Daten der Satellitenmission „Gravity Recovery and Climate Experiment (GRACE)“ und ERA5-Land Klimadaten des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF) mittels Trendanalysen in einer Auflösung von 0.1°x0.1° bestimmt (Abb. 1). Die berechneten mittleren Trends wurden mit Klimazonen, regionalen hydrogeologischen Verhältnissen sowie Daten der jährlichen Grundwasserneubildung und Grundwasserentnahme auf Länderebene verglichen. Letztere wurden aus der Aquastat-Datenbank der FAO (2021), sowie aus dem globalen Wasserressourcen- und Wassernutzungsmodell WaterGAP v2.2d (Müller Schmied et al. 2021) entnommen. Die Trendanalyse über den Untersuchungszeitraum zeigt in vielen Ländern des Mittelmeerraumes eine signifikante Abnahme der GWS, wobei der stärkste mittlere jährliche Trend auf der Arabischen Halbinsel zu beobachten ist (-2,9 mm/a), gefolgt von West-, Mittel- und Osteuropa (-1,5 mm/a), Nordafrika (-0,9 mm/a) und Südeuropa (-0,7 mm/a). Insgesamt wird ein mittlerer Trend von -2,1 mm/a im Untersuchungsgebiet festgestellt, 70% der Fläche sind durch signifikant negative Trends gekennzeichnet. Aride Klimazonen, die mit fast 60% den Hauptteil des Untersuchungsgebiets ausmachen, sind dabei mit -3.8 mm/a überdurchschnittlich stark betroffen. Der Vergleich mit Grundwasserneubildungs- und –entnahmeraten zeigt, dass sich die beobachteten Trends bei der GWS in weiten Teilen nicht mit Trends in der Grundwasserneubildung in Verbindung bringen lassen und Grundwasserentnahmen als Ursache wahrscheinlich eine dominierende Rolle spielen. Auch zeigt sich, dass der traditionelle Ansatz der Nutzung von Grundwasserneubildungs- und -entnahmedaten für die Bestimmung einer nachhaltigen Nutzung der Grundwasserressourcen auf Länderebene oft nicht geeignet ist, da diese Daten einerseits mit großen Unsicherheiten behaftet sind und darüber hinaus eine regionale Betrachtung erforderlich ist. Auf GRACE-Daten beruhende Analysen können hier eine Alternative oder zumindest Ergänzung bieten. Die Ergebnisse dieser Studie sind ein klarer Indikator für die Grundwassererschöpfung in weiten Teilen des Mittelmeerraums und zeigen die Notwendigkeit angepasster Strategien für ein nachhaltiges Grundwassermanagement auf überregionaler Ebene, im Kontext von Klimawandel und Bevölkerungswachstum.

Abb. 1: Mittlerer jährlicher Trend der Grundwasserspeicherung (aus GRACE- und ERA5-Land-Daten) im Zeitraum 2003-2020.