Hydrogeochemische Exploration der Tiefenwasserschichtung geklüfteter Sandsteine im Rahmen des H2020 GECO-Projekts: Fallbeispiel Ruhrkarbon

Felix Jagert1, Jonas Güldenhaupt1, Isabella Nardini1, Adrian Immenhauser2, Stefan Wohnlich2
1 Fraunhofer IEG, Institution for Energy Infrastructures and Geothermal Systems
2 Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik, Ruhr-Universität Bochum

V 17.7 in Forum Junge Hydrogeologen

23.03.2022, 12:15-12:30, HS 3

Das Gemeinschaftsforschungsprojekt GECO (Geothermal Emission Control) des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizon 2020“ der Europäischen Union zielt darauf ab, die Anwendung innovativer Technologien zu entwickeln, die es ermöglichen, die Produktion von Emissionen aus der Sole von Tiefengeothermieanlagen zu begrenzen.

Im Rahmen dieses Forschungsprojekts ist folgendes Teilprojekt für den Demonstrationsstandort Bochum geplant: Es sollen in-situ Multi- und Single-Borehole-Flow-Experimente im Kluftsystem durchgeführt werden, um hydraulische sowie hydrogeochemische Formationseigenschaften im Hinblick auf Wechselwirkungen während CO2-Kohlensäurereaktionen in Sandsteinen abzuschätzen. Die Forschung an diesem Standort konzentriert sich auf geklüftete Sandsteine des Oberkarbons in einer lokalen Synklinale. Die in diesem Pilotprojekt gesammelten Daten können für die Realisierung künftiger Geothermieanlagen in gering-permeablen Sandsteinreservoiren Europas dienen.

Im Zuge dieses Promotionsvorhabens wurde eine 300 m tiefe Forschungsbohrung abgeteuft und mit einer vorhandenen 500 m tiefen Forschungsbohrung kombiniert. Die resultierende Mini-Dublette erschließt die angezielte Sandsteinformation über eine offene Bohrlochsektion von 40 m. Das tiefe Grundwasser ist vom Typ Na-HCO3-Cl bei pH 8.2 und 15 °C. Die zusammen mit Nachbarbohrungen nachgewiesene Schichtung der Tiefenwässer erschließt sich aus der genetischen Typisierung von

Ca-Mg-HCO3 – Na-HCO3 – Na-HCO3-Cl – NaCl

und zeigt, dass das Tiefenwasser einem Kationenaustausch unterliegt, der für Sorptions- und Desorptionsprozesse in den hydraulisch leitfähigen Klüften spricht. Dieses Formationswasser stellt die Übergangszone Süßwasser – Salzwasser der Region dar und ist typisch für gering permeable Gesteine.

Erste Bohrlochbilder zeigen steil einfallende Schichten: Die gesamte Synklinale wird von tektonisch angelegten Trennflächensets dominiert. Diese angetroffenen Scherbrüche sind wenig hydraulisch leitfähig, was durch sowie Ultraschall-Befahrungen im Bohrloch bestätigt werden konnte. Die Sandsteinformationen des Versuchsfeldes scheinen zwar intensiv geklüftet und von daher theoretisch hydraulisch leitfähig, jedoch sind die Trennflächensets aufgrund von Mineralisationsprozessen wieder dekonnektiert. Gemäß Pumptests erschließen die Bohrungen auf dem Gelände isolierte Kluftnetze. An die Geländearbeiten schließen sich reaktive Transportsimulationen mittels PHREEQC an, um eine Permeabilitätsverbessung durch Karbonatlösung vor den Geländetests zu prüfen.

Die Forschungsergebnisse haben Konsequenz für zukünftige Geothermieanlagen Europas: Zum einen können bei Grundwassermonitoring eintretende Veränderungen des Wasserchemismus besser erklärt werden (z.B. Störung von Tiefenwasserschichtung bei Re-Injektion), zum anderen kann eine Verschiebung des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichts im Betrieb von Geothermieanlagen die Permeabilität in den Kluftnetzen des Reservoirs langfristig ohne Einsatz von künstlichen Hilfsmitteln verbessern.

Beispielbild für die geophysikalische Vermessung der Bohrung
Beispielbild für die geophysikalische Vermessung der Bohrung



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