Geochemische Gradienten beschleunigen die Uranmigration im Tonstein

Theresa Hennig1, Michael Kühn1
1 Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Fluidsystemmodellierung

V 14.5 in Hydrogeologie und Standortauswahl für ein tiefengeologisches Endlager (in Zusammenarbeit mit DGGV)

24.03.2022, 15:15-15:30, HS 1

Modelle und Simulationen erlauben eine Prognose, wie sich Prozesse in der Geosphäre unter Berücksichtigung der physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten in der Zukunft entwickeln. Sie sind die Grundlage, um Entwicklungsszenarien zu prüfen. Nur so ist z. B. eine Quantifizierung potenzieller Radionuklidmigration im hydrogeologischen System des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs und damit eine Bewertung des Rückhaltevermögens eines Endlagers für eine Million Jahre möglich.

Die Transporteigenschaften von Radionukliden werden in der Regel in Labor- oder In-situ-Experimenten unter geochemisch kontrollierten und konstanten Bedingungen bestimmt. Frühere numerische Studien haben für den Opalinuston am Mont Terri (Schweiz) aber gezeigt, dass die Uranmigration stark von Variationen in der Zusammensetzung des Porenwassers abhängt, die sich insbesondere aus der mineralogischen Heterogenität ergibt (Hennig et al. 2020; Hennig und Kühn 2021a). Die um das Wirtsgestein herum befindlichen Aquifere (Grundwasserleiter) stellen die hydrogeologischen Randbedingungen dar, zwischen denen sich geochemische Gradienten in dem über 200 m mächtigen, niedrig durchlässigen Tonstein gebildet haben (blaue Punkte, Abbildung) durch diffusiven Austausch über Millionen von Jahren. Somit ist die Annahme der Homogenität, wie in den Labor und In-situ-Experimenten für die Wirtsgesteinsskala nicht mehr zutreffend.

Mit eindimensionalen reaktiven Transportmodellen wurden mit der Software PHREEQC zunächst die heutigen Porenwasserprofile auf Grundlage der geologischen Entwicklung des Mont Terri simuliert. Das geologische Modell gibt vor, dass der Opalinuston zwischen triassischen und jurassischen Kalksteinen, Mergeln und Schiefer eingebettet ist. Es erfolgte die Süßwasserinfiltration in die den Tonstein umgebenden Aquifere und damit die Aktivierung des hydrogeologischen Systems erst nach Hebung des gesamten Komplexes während der Auffaltung des Juragebirges und der nachfolgenden Erosion. Die Ausgangsbedingungen und das geochemische System wurden entsprechend der geologischen Entwicklung definiert. Das reaktive Transportmodell wurde mit Hilfe des an Feldproben gemessenen Chloridprofils kalibriert (blaue Punkte, Abbildung). Weiterhin wurde die Uranmigration ausgehend von einer Quelle, die sich in der Mitte des gering durchlässigen Abschnitts mit dem Opalinuston befindet und ein potenzielles Endlager abbildet, für eine Million Jahre unter Berücksichtigung des geochemisch heterogenen Systems simuliert. Die Ergebnisse zeigen (grüne Linie, Abbildung), dass Uran 50 m in Richtung des überliegenden Aquifers (Dogger) und 40 m in Richtung des darunter liegenden Grundwasserleiters (Lias) migriert. Das bedeutet, dass sich im Vergleich mit einem homogenen System (rote Linie, Abbildung), Uran wesentlich weiter durch die Formation bewegt, wenn geochemische Gradienten existieren (Hennig und Kühn 2021b).

Geochemische Gradienten im Opalinuston-System am Mont Terri (blaue Punkte) verstärken die potenzielle Uranmigration (grüne Linie) durch die Formation im Vergleich zu homogenen Simulationen (rote Linie). Das modellierte Chlorid-Profil stimmt mit den gemessenen Daten überein, die aus Bohrlochanalysen stammen (Perason et al., 2003). Die y-Achse ist die Entfernung senkrecht zum Kontakt zwischen Opalinuston und Doggerkalk.
Geochemische Gradienten im Opalinuston-System am Mont Terri (blaue Punkte) verstärken die potenzielle Uranmigration (grüne Linie) durch die Formation im Vergleich zu homogenen Simulationen (rote Linie). Das modellierte Chlorid-Profil stimmt mit den gemessenen Daten überein, die aus Bohrlochanalysen stammen (Perason et al., 2003). Die y-Achse ist die Entfernung senkrecht zum Kontakt zwischen Opalinuston und Doggerkalk.



Hennig, T., Kühn, M. (2021a): Surrogate model for multi-component diffusion of uranium through Opalinus Clay on the host rock scale. - Applied Sciences, 11, 2, 786. https://doi.org/10.3390/app11020786

Hennig, T., Kühn M. (2021b): Potential uranium migration within the Geochemical gradient of the Opalinus Clay system at the Mont Terri. Minerals 11, 1087. https://doi.org/10.3390/min11101087

Hennig, T., Stockmann, M., Kühn, M. (2020): Simulation of diffusive uranium transport and sorption processes in the Opalinus Clay. - Applied Geochemistry, 123, 104777. https://doi.org/10.1016/j.apgeochem.2020.104777

Pearson, F. J., Arcos, D., Bath, A., Boisson, J.-Y., Fernandez, A.M., Gäbler, H.-E., Gaucher, E., Gautschi, A., Griffault, L., Hernan, P., Waber, H.N. (2003): Mont Terri Project–Geochemistry of water in the Opalinus Clay formation at the Mont Terri rock laboratory. Mont Terri Project Technical Report 5, Federal Office for Water and Geology, FOWG, Bern, Switzerland



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