Jahrestagung Geoökologie: Minisymposium "Stadt, Land, Klimawandel"

Sa. 23.11.2019-Sa. 23.11.2019, Universität Bayreuth

Das Minisymposium auf der Jahrestagung Geoökologie Ende November griff je zwei Themen zum Klimawandel in ländlichen Gebieten und in Städten auf und war ein gelungenes Austauschforum - auch für Stakeholder aus Stadt und Region. Die Moderation lag bei Prof. Dr. Stefan Peiffer, Hydrologie, BayCEER / Uni Bayreuth. Er ist Sprecher des Verbundprojekts „Einfluss multipler Stressoren auf Fließgewässer im Klimawandel (AquaKlif)“ im Bayerischen Klimaforschungsnetzwerk bayklif, das Vortragende und Themen zum Symposium beitrug.

Landnutzung und Klimawandel

Prof. Dr. Thomas Köllner eröffnete den Reigen mit dem Vortrag „Klimawandel, Landnutzung und Folgen für Ökosystemleistungen“. Er leitet die Arbeitsgruppe Ökologische Dienstleistungen am Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER), deren Forschung zu gleich zwei bayklif-Verbundprojekten - AquaKlif und LandKlif - beiträgt. Der Klimawandel verschärft die Herausforderung, unsere „multifunktionalen Landschaften“ zu erhalten. Sie erbringen gleichzeitig verschiedene für Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Ökosystemleistungen – von der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Trinkwasser über Regulations- und Schutzleistungen bis hin zu Erholung und Erhalt von Arten. Aus den Ergebnissen verschiedener Studien leitete er die Hypothese ab, dass biodiversitätsreiche Landschaften im Klimawandel robuster sind, und zwar im Hinblick auf sämtliche Ökosystemleistungen. Spannend waren die Einsichten einer vergleichenden Umfrage unter Landwirten und Bürgern, in der die Meinungsbilder einander ähnlicher waren, als die aktuelle Debatte es vermuten lässt. In Aussicht stellte der Redner die „Mensch-Umwelt-Interaktionen“ als zukünftiges Modul der Bayreuth Geoökologie im Zuge der laufenden Studienreform.

Wer den Vortrag „boden:ständig - Die Praxisplattform für Bodenschutz und Wasserrückhalt in der Fläche“ von Norbert Bäuml aus der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung verfolgte, bekam einen anderen Blick auf die spätherbstliche Landschaft. In die Augen springen Wegseitengräben, Rinnen und Drainagen – ein in vielen Jahrzehnten entstandenes sekundäres Gewässernetz. Die Landschaft ist zum „Auslaufmodell für Wasser und Stoffe“ geworden – über vielfältige Fließwege in der Flur schwemmen Starkniederschläge wertvollen Boden mit, der sich dann als Schlamm auf Straßen, in Kellern und in den Bächen ablagert. Als einer der Initiatoren von boden:ständig verdeutlichte Norbert Bäuml die drei Handlungsbereiche Erosionsschutz auf den Äckern, Verlangsamung und Rückhalt des Regenwassers in der Flur sowie Entwicklungsmaßnahmen an den Gewässern. Die Projekte vor Ort starten dort, wo Gemeindevertreter und Landwirte selbst diese Probleme lösen wollen In einem gemeinsamen Entwicklungsprozess definieren sie erreichbare Ziele und setzen diese um – getreu dem Motto „Weg von der Planung am grünen Tisch, hin zum Miteinander auf dem Feld“. Wieviel großartige Planungen in Schubladen liegen und was andererseits an Zeit und Psychologie in der Gestaltung partizipativer Prozesse steckt, konnten sicher viele im Publikum aus eigener Erfahrung nachvollziehen. Jetzt zu handeln, ist gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels mit häufigeren Starkregen auf der einen sowie ausgedorrten, wasserabweisenden Böden auf der anderen Seite das Gebot der Stunde. Herr Bäuml wird den Transfer der AquaKlif-Forschungsergebnisse in die Praxis mit beraten.

Hitze mindern in der Stadt

Nach der Kaffeepause kam das Auditorium zum Thema „Stadt“ wieder im Hörsaal zusammen. Zunächst ging es um die Modellwerkstadt Bayreuth im Forschungsprojekt „Minderung städtischer Klima- und Ozonrisiken (MiSKOR)“. Dr. habil. Johannes Lüers aus der Arbeitsgruppe Mikrometeorologie am BayCEER / Universität Bayreuth erläuterte einführend, dass der Temperaturanstieg über den Landflächen schneller voranschreite als im globalen Mittel, in das die Ozeane mit einbezogen sind. Anhand der Zahlen aus dem Hitzesommer 2018 erläuterte der Referent, dass auch technisch hoch entwickelte Länder verletzlich gegenüber Dürre sind und die Speicherung von Wasser in der Landschaft und zusätzlich in Zisternen gefördert werden muss. Das Projekt MiSKOR als Teil des von den Ministerien für Umwelt bzw. Gesundheit geförderten Verbundprojekts „Klimawandel und Gesundheit in Bayern” zielt darauf ab, den urbanen Wärmeeffekt und das Schadrisiko durch Luftschadstoffe in mittelgroßen Städten zu vermindern bzw. zu vermeiden und erarbeitet basierend auf Messungen und Modellstudien in Bayreuth Handlungsempfehlungen, die auf andere mittelgroße Städte in Nordbayern übertragen werden können. Erste Ergebnisse zeigen, dass es in Bayreuth durch Verdichtung und Tallage genauso heiß wird wie in Großstädten und daher die wasserreichen, begrünten „kühlen Finger“ ins Stadtgebiet unbedingt erhalten werden sollten. Die innerstädtische Nachverdichtung – so wünschenswert sie ist, um weiterer Versiegelung entgegenzuwirken – kann je nach Stadtteil Durchlüftung und Kaltluftzufuhr verhindern. Das von MiSKOR-Projektleiter Prof. Dr. Christoph Thomas angeregte städtische Beratungsgremium zu Klimafragen ist inzwischen im Stadtrat von Bayreuth auf der Tagesordnung.

Das Symposium schloss mit einem „Vortragsdoppel“ von Dr.-Ing. Claudia Hemmerle (Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen) und Stadtplanerin Dr. Simone Linke (Lehrstuhl für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen) von der Technischen Universität München. Claudia Hemmerle leitet mit „Cleanvelope - Energieaktive Gebäudehüllen als Baustein klimaorientierter Stadtentwicklung“ eine der fünf Juniorforschungsgruppen im Klimaforschungsnetzwerk bayklif. Im Beitrag „Klimaorientierte Stadtquartiere in der integrierten Stadtentwicklung“ spielten sie sich die Bälle zu – von der Begriffsklärung zu klimaorientierten Gebäuden und dem sinnvollen Planungsmaßstab der Quartiere, über die Bedeutung grüner Infrastruktur und mögliche Konflikte mit der Wohnraumbeschaffung durch Nachverdichtung in wachsenden Städten bis hin zur „solaren Aktivierung“ von Gebäudefassaden als bisher wenig genutzte Flächen. Sie zeigten Handlungsmöglichkeiten und Instrumente zur Etablierung von Klimaschutz und Klimaanpassung in der Stadtplanung, aber auch Herausforderungen und eine unzureichende Nutzung der kommunalen Gestaltungsspielräume auf. Um in der Stadtentwicklung alle Potenziale ausschöpfen zu können, sollten Klimaschutz und -anpassung gemeinsam betrachtet werden.

Fazit

MinisymposiumDie Vorträge stießen auf breites Interesse, der Hörsaal war sehr gut gefüllt, auch Interessierte aus Stadtrat und -verwaltung von Bayreuth waren der Einladung gefolgt. Die Vortragenden erläuterten sowohl Forschungsfragen als auch praktische Ansätze, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen und es kam zu lebhaften Diskussionen. Zwei Kaffeepausen sowie eine ganze Reihe von Postern boten Zeit und Anlass zum Austausch. Auch wenn sicher noch viele Fragen offen sind, waren die Initiatoren des Minisymposiums mit Zuspruch und Austausch sehr zufrieden.

 

 

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  • Hinweis: Für Teilnehmer der Tagung sind die Vortragsfolien des Minisymposiums „Stadt, Land, Klimawandel“ auf den internen Konferenzwebseiten zugänglich.
  • Förderinformation: Das Bayerische Klimaforschungsnetzwerk bayklif wird durch das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert.


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