Druckansicht der Internetadresse:

Störungsökologie

Seite drucken

Doktorarbeit

Sensitivity of temperate grassland to extreme precipitation variability – biomass production, forage quality and biotic interactions

Kerstin Grant (04/2009-12/2015)

Betreuer: Anke Jentsch

 

 

Dissertation ganz lesen

 

Zusammenfassung:

Die globale Erwärmung führt zu einem Anstieg der Variabilität des Erdklimas. Daher ist es notwendig, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie Ökosysteme, insbesondere Grünland, auf eine erhöhte Klimavariabilität reagieren. Die vorliegende Dissertation stellt mögliche Auswirkungen von erhöhter, innerjährlicher Klimavariabilität auf Produktivität, Futterqualität und Artenzusammensetzung im mesisch temperatem Grünland dar. Die Interaktion von mehreren Klimafaktoren – Niederschlagsvariabilität und saisonale Erwärmung – wird betrachtet und Prozesse der Resistenz und Resilienz von mesisch temperatem Grünland untersucht. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf möglichen Anpassungsstrategien seitens der Bewirtschaftung, z.B. ob die Düngung oder Veränderung von Zeitpunkt oder Häufigkeit des Grünlandschnittes, eine Möglichkeit darstellen um negative Effekte durch Klimavariabilität zu kompensieren. Für die Untersuchung dieser Fragestellungen wurde ein experimenteller Ansatz gewählt: In den Freilandexperimenten EVENT-1 und EVENT-2, die sich im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth befinden, wurde eine zunehmende Niederschlagsvariabilität simuliert. In EVENT-1 wurde künstlich, mesisch temperates Grünland mit variierender Artenzusammensetzung jährlich wiederkehrenden, extremen Wetterereignissen (Dürre, Starkregen) ausgesetzt. In EVENT-2 wurde die Reaktion von semi-natürlichen, mesisch temperatem Grünland auf veränderte innerjährliche Niederschlagsvariabilität (gering, mittel, hoch) getestet. Die Variante ‚hohe Niederschlagsvariabilität‘ umfasste u.a. entweder eine Dürre im Frühling oder im Sommer, jeweils gefolgt von einem Starkregenereignis, um den saisonalen Einfluss von Wetterereignissen zu testen. Die Niederschlagsvariabilität wurde in EVENT-2 weiterhin mit den Faktoren Bewirtschaftung (Düngung, Schnittregime) oder saisonale Erwärmung (Winter, Sommer) kombiniert. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass hohe innerjährliche Niederschlagsvariabilität die oberirdische Produktivität von mesisch temperatem Grünland verringert, insbesondere dann, wenn sie zusammen mit geringen jährlichen Niederschlagssummen auftritt. Das saisonale Auftreten von Klimafaktoren, frühe vs. späte Dürre und Winter- vs. Sommererwärmung, hatte weder verschärfende noch puffernde Wirkung auf die bereits durch Niederschlagsvariabilität veränderte Produktivität. Der Anstieg der innerjährlichen Niederschlagsvariabilität führte zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung im Grünland: Kräuter zeigten einen Anstieg, Gräser jedoch einen Abfall der oberirdischen Produktivität. Im Gegenteil zu den Auswirkungen auf die Produktivität war die Interaktion von Niederschlags- und Temperaturvariabilität ein wichtiger Verursacher der Verschiebung in der Artenzusammensetzung: höhere Niederschlagsvariabilität erniedrigte die Artengleichverteilung, wenn sie mit hohen Sommertemperaturen zusammentraf. Weiterhin zeigte sich, dass die Veränderung der Artenzusammensetzung und die Seneszenz durch das variierte Wetterregime verantwortlich für Futterqualitätsunterschiede waren. Erhöhte innerjährliche Niederschlagsvariabilität verursachte eine Kurzzeitreduktion der Futterqualität von einzelnen Arten des Grünlands in Form von reduzierten Blattproteinkonzentrationen. Jedoch stieg die Futterqualität der gesamten Pflanzengemeinschaft unter den gleichen Niederschlagszenarien an. Die Ergebnisse zeigen ebenfalls, dass einzelne extreme Wetterereignisse artspezifische Wechsel in der Pflanze-Pflanze-Interaktion von Förderung zu Konkurrenz und umgekehrt verursachten. Die Richtung dieses Wechsels wurde von der Artenzusammensetzung beeinflusst. Außerdem trat ein förderlicher Effekt von Leguminosen auf das Wachstum von benachbarten Pflanzen unter natürlichen Wetterbedingungen und unter dem Einfluss von wiederholten Starkregenereignissen auf. Jedoch verschwand dieser Effekt unter dem Einfluss von Dürreereignissen. Die beobachteten Veränderungen in den Pflanze-Pflanze-Interaktionen und die Präsenz von Leguminosen in der Pflanzengemeinschaft können als möglicher Mechanismus gesehen werden, der die Grünlandproduktivität im Angesicht von erhöhter Niederschlagsvariabilität stabilisiert. In dieser Arbeit wurden einfach umsetzbare Bewirtschaftungspraktiken, auf ihre Eignung für die Anpassung des mesisch temperaten Grünlands an veränderte innerjährliche Niederschlagsvariabilität getestet. Eine höhere Schnittfrequenz (vier vs. zwei Schnitte im Jahr) konnte die negativen Niederschlagseffekte auf die Produktivität weder puffern noch verstärken, jedoch machte sie die Futterqualität des Grünlands im Frühsommer anfälliger gegenüber Niederschlagsveränderung. Düngung ließ generell die Qualität ansteigen, wohingegen ein um 10-Tage verschobener Schnitt zu einer Verschlechterung der Futterqualität führte. Diese Bewirtschaftungspraktiken waren auch nur teilweise für eine Pufferung der Produktivität gegenüber Niederschlagsveränderung geeignet, denn nur Düngung konnte den Verlust des Grünlandertrages unter einem extremen Wetterregime abschwächen. Des Weiteren wurde die Effektivität dieser Praktiken negativ durch ein später im Jahr auftretendes Dürreereignisses beeinflusst. Die Veränderung in der Artenzusammensetzung durch verstärkte Niederschlagsvariabilität weist darauf hin, dass eine höhere Vielfalt an Arten und an funktionellen Merkmalen das Potential hat, negative Effekte abzupuffern. Zusätzlich werden in dieser Arbeit Niederschlagsexperimente kritisch betrachtet und Empfehlungen gegeben, wie die Integration von Daten aus diesen Experimenten in Meta-Analysen und Klimawandelmodellen verbessert werden kann. Die Anwendung von Routinemessungen von grundlegenden Variablen sowie die gemeinsame Entwicklung von Experimentdesigns durch Freilandökologen und Modellierern könnte den größten Gewinn für die globale Forschung des Klimawandels bringen. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass eine erhöhte Klimavariabilität zu einem Rückgang der Biomasseproduktion und Vegetationsverschiebungen im mesisch temperaten Grünland führt. Diese Effekte verändern im Weiteren Ökosystemdienstleistungen jenseits der Produktivität, zum Beispiel die Futterqualität. Mechanismen, die der Resistenz und Resilienz dieses Grünlands zugrunde liegen, sind auf Grund der Komplexität der einwirkenden abiotischen und biotischen Faktoren nicht einfach zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen aber bereits erkennen, dass biotische Interaktionen, wie Förderung und Konkurrenz sowie funktionelle Diversität eine Schlüsselrolle in der Reaktion von mesisch temperatem Grünland auf Veränderungen in Niederschlags- und Temperaturmustern haben. Künftige Forschung, z.B. um die Anpassung von Ökosystemen an den projizierten Klimawandel zu unterstützen, muss sich der Herausforderung stellen, nicht nur die Frequenz und die Magnitude, sondern auch die Saisonalität von multiplen Klimafaktoren zu erfassen.

TwitterYoutube-Kanal
Diese Webseite verwendet Cookies. weitere Informationen