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Faculty for Biology, Chemistry and Earth Sciences

Micrometeorology - Prof. Christoph Thomas

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Science-informed evaluation of air quality measurement locations

IBeSt-Luft

From 01/2024 to 12/2026


Hintergrund

Urbane Luftqualität steht durch die negativen gesundheitlichen Auswirkungen in unmittelbarem Zusammenhang mit städtischer Lebensqualität. Diese gesundheitlichen Auswirkungen resultieren aus der hohen Immissionsbelastung von primären und sekundären Schadgasen und Aerosolen. Deshalb ist der Bedarf an regulatorischen Maßnahmen zur Einhaltung gesetzlicher landesweiter, nationaler und europäischer Luftqualitätsstandards hoch. Eine Überwachung der momentanen und statistischen Eigenschaften der Luftqualität ist entscheidend und gesetzlich vorgeschrieben.

Durch die allgemeinen Grundsätze des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (BayImSchG, 2019) in Erfüllung der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV, 2010, letzte Novelle 2020), das deckungsgleich mit der Novelle der EU-Richtlinien für Luftqualität ist, wird die Frage der geeigneten Standortfindung für diese Messungen nicht hinreichend beantwortet. Hinzu kommt ein neuer Gesetzesentwurf der EU-Richtlinien, in der ein weiterer Begriff, die „räumliche Repräsentativität“, geprägt wird. Eine Messstelle ist dann für ein abgegrenztes geografisches Gebiet repräsentativ, wennn die Luftqualitätswerte innerhalb dieses Gebiets nicht um mehr als eine vordefinierte Toleranzgrenze von den am Probenahmepunkt beobachteten Werten abweichen.
Um
die räumliche Repräsentativität abschätzen zu können müssen in Zukunft weitere Standortfaktoren, wie die Geometrie des urbanen Gebäudekörpers oder die Luftströmungsverhältnisse, bei der Standortwahl berücksichtigt werden.

 

Es besteht daher ein erheblicher Forschungsbedarf, um ressourcengerecht eine optimierte Standortwahl für repräsentative Luftqualitätsmessstellen zu treffen. IBeSt-Luft will diese Wissenslücke durch die Ausarbeitung einer Bewertungsmatrix für Luftqualitätsmessstellen für Bayern und über dessen Landesgrenzen hinaus schließen.

 

Die Entwicklung einer Bewertungsmatrix soll u.a. auf Erkenntnissen des vom StUmV geförderten Projekts Reinelufft?- TP Luft erfolgen, das an der LÜB-Luftmessstation Landshuter Allee die Wirkung aktiver Luftreinigungssysteme auf die lokale Stickstoffdioxidbelastung untersuchte.

 

 

Projektziele

Zentrale Fragen des Projektes

  1. Wie kann die Wirkung lokaler Standortfaktoren vor der Einrichtung einer Luftqualitätsmessstelle abgeschätzt und bewertet werden?

  2. Wie kann die Repräsentativität von Messstationen vor dem Hintergrund der EU-Novelle (Richtlinien für Luftqualität) bewertet werden?

 

Das Ziel von IBest-Luft ist die Entwicklung einer generalisierten, übertragbaren wissenschaftlich basierenden Beurteilungsmatrix zur Bewertung von Standortkriterien für Luftqualitätsmessstellen einschließlich praxistauglicher Handlungsempfehlungen zur Schaffung der notwendigen Datengrundlage für Luftqualitätsmessstellen von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10). Dies findet im engen Austausch mit dem Landesamt für Umwelt statt.

Die zu bewertenden Standortkriterien schließen die Geometrie der Bebauung, Luftzirkulation und -transport,Verkehrsdichte, Straßenvegetation, aktive Luftreinigungssysteme (LRS) sowie die Nähe zu Verkehrstunneln und Straßenüberführungen ein. Zusätzlich werden technische Anforderungen für die Umsetzbarkeit berücksichtigt.

 

 

Vorgehen

Das Projekt im Zeitraum von Januar 2024 bis Dezember 2026 ist in drei Arbeitspakete unterteilt:

 

AP1 Modellierung des atmosphärischen Transports von Wärme, Feuchte und Luftbeimengungen

 

 

  • AP1.1 Optimierung des statischen Treibers für die LES-Modellierung

    Ziel: Optimierung der Modelldomäne für ein größeres Stadtgebiet, die den statischen Treiber inklusive Gebäudekörper, Landnutzungsmatrix, Rauigkeiten, Strahlungs- und Wärmeleiteigenschaften der Oberflächen enthält.

  • AP1.2 Modellierung der Dispersion und turbulenter Diffusion von Impuls, Wärme und Feuchte

    Ziel: Durchführung der LES-Simulationen zur Erfassung des Transports für alle repräsentativen Wetterlagen im Münchner Stadtgebiet (verbunden mit stark unterschiedliche NO2 Konzentrationen in der Landshuter Allee und jahreszeitlich repräsentativ)

    Wie unterscheiden sich die Lufttransporteigenschaften entlang verkehrsreicher Straßen im Münchner Stadtgebiet v.a. am Mittleren Ring für verschiedene charakteristische Großwetterlagen?

  • AP1.3 Hinzunahme von verkehrsbedingten Schadgasen und Feinstaub in die Modellierung

    Ziel: Simulation der raumzeitlichen Schadstoffdynamik für NO2 und PM10 für mögliche Messstellen

  • Meilenstein (MS) 1: Auswahl und Bewertung möglicher Standorte auf Grundlage der flächendeckenden Transportmodellierung unter Verwendung der bestehenden 39. BImSchV

    Vergleich der Standorte mit den momentan gesetzlich festgelegten allgemeinen Grundsätzen

 

AP2 Verifikation der Modellierung durch Messungen

 

 

  • AP2.1 Aufbau und Betrieb des Messnetzes aus Mikrowetterstationen, Turbulenzmessungen und Passivsammlern

    Ziel: optimierte räumliche Abdeckung des Untersuchungsgebiets durch Messungen für die Modellvalidierung und -optimierung

  • AP2.2 Weiterbetrieb der aktiven Luftreinigungssysteme

    Ziel: experimentelle Bewertung des Einflusses der bestehenden LRS als lokaler Standortfaktor für die Bewertungsmatrix

  • AP2.3 Messfahrten mit mobilen Messgeräten

    Ziel: momentane Erfassung der räumlichen Verteilung von NO2 und NOx Konzentrationen zu Zwecken der Validierung des Luftchemiemoduls des LES-Modells und der Datengrundlage für die statistischen Verfahren in AP3

  • MS2 Schaffen der Datengrundlage zur Modellüberprüfung und -optimierung durch Beobachtungen

    Inwieweit können lokale Standorteigenschaften inklusive aktiver LRS für die Schaffung einer Bewertungsmatrix herangezogen werden? (Vergleich von Modell und Beobachtung in AP3)

 

AP3 Erarbeitung der Bewertungsmatrix

 

 

  • AP3.1 Definition der Repräsentativität auf Grundlage der prozessorientierten Modellierung

    Ziel: Definition und Quantifizierung des Umgebungsquellgebiets (UQG) für mögliche Standorte (aus AP1 + AP2) mithilfe moderner stochastischer Verfahren auf Grundlage der prozessbasierten LES-Modellierung

  • AP3.2 Bewertung lokaler Standortfaktoren auf Grundlage der prozessorientierten Modellierung

    Ziel: Identifizierung und Bewertung der wesentlichen Standortfaktoren für die UQGs

  • AP3.3 Bewertung lokaler Standortfaktoren mithilfe künstlicher Intelligenz

    Ziel: Einsatz von Machine learning (ML)-Techniken, um ohne den Zwischenschritt der UQG direkt die für Luftschadstoffe relevante Standortfaktoren zu identifizieren

  • MS3 Erstellung der übertragbaren Bewertungsmatrix und des Abschlussberichts

    Ziele: wissenschaftlich basierte Definition von Standortrepräsentativität

    Erstellung der Bewertungsmatrix für verkehrsreiche Messstellen und städtische Hintergrundmessstationen

    Erstellung der Kernempfehlungen für Standortfaktoren

    Praxistaugliche Handlungsempfehlungen für die Schaffung der notwendigen Entscheidungs- und Datengrundlage inklusive Erkundungs- bzw. Vergleichsmessungen und Modellierungen

 

 

Nutzen und Ausblick

Wie kann Bayern ressourcengerecht eine optimierte Standortwahl für repräsentative Luftqualitätsmessstellen treffen?

 

Die Studie soll durch die entwickelte Beurteilungsmatrix zur Bewertung von Standortkriterien für Luftqualitätsmessstellen von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) für die zuständigen bayerischen Behörden eine konkrete praxistaugliche Hilfe bei

 

  • der Abschätzung der Randparameter der räumlichen Repräsentativität nach sich momentan verändernden gesetzlichen Vorgaben durch die EU-Kommission

  • der Identifikation von praxistauglichen Modellierungsverfahren

  • der Erarbeitung und Bewertung konkreter Alternativstandorte für in Kooperation mit dem LfU ausgewählte Messstellen leisten sowie

  • einen Erfahrungsaustausch zur Modellierung und Messung von Luftqualität auf europäischer Ebene über die Plattform FAIRMODE ermöglichen.



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