Achtung!
Dies ist eine Diskussionsseite zur Klärung eines wissenschaftlichen Sachverhalts.

Diese Diskussionsseite wurde am 19.03.2020 erstellt und mehrfach überarbeitet (siehe Änderungshistorie am Ende der Seite). Die Inhalte wurden nach eingehender Recherche der Fachliteratur und bestem Wissen und Gewissen erstellt. Ich möchte nicht ausschließen, dass die Darstellung Fehler enthält. Für entsprechende Hinweise bin ich dankbar.

Nachdem in einer längeren E-Mail-Diskussion mit Dr. Lars Ceranna keine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung des Widerspruchs gefunden werden konnte, wurde die Diskussionsseite am 03.07.2020 öffentlich verlinkt, um die Fragestellung mit einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu diskutieren.

Der Schritt wurde unternommen, weil über "Infraschall und Windräder" eine hochemotionale öffentliche Debatte geführt wird, die schon viele Windparkprojekte verhindert hat. Befeuert wird diese Debatte sehr geschickt von Organisationen wie EIKE, Vernunftkraft, Windwahn etc., die alle auch mehr oder weniger offen den Klimawandel leugnen.

Aufhänger dieser Diskussion ist eine Aussage von Dr. Lars Ceranna im ZDF-Bericht planet e. Auftritte von Wissenschaftlern in einer öffentlichen Sendung unterliegen einer ganz besonderen Sorgfaltspflicht. Solche Sendungen tragen sehr stark zur öffentlichen Meinungsbildung bei. Der ZDF-Bericht ist heute ein Film, der auf Anti-Windkraftveranstaltungen als Beleg gezeigt wird, dass Behörden Infraschallspitzen von Windrädern "wegmitteln". Auf fast allen Anti-Windkraftseiten ist dieser Film verlinkt.

Eine ganz essentielle Frage in dieser Diskussion ist der von Windenergieanlagen erzeugte Infraschallpegel. Hier gibt es riesige Unterschiede (Faktor 1000-10000 bezogen auf den Energiegehalt) zwischen Modellrechnungen der BGR und Messungen (z.B. der LUBW). Die Frage ist deshalb essentiell, da Infraschall selbstverständlich Effekte auslösen kann, wenn der Schalldruck entsprechend hoch ist.

Organisationen wie EIKE, Vernunftkraft etc. haben kein Interesse an einer echten wissenschaftlichen Klärung der Fragestellung. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass sich das Missverhältnis zwischen Messungen und Berechnungen wissenschaftlich klären lassen muss, da es sich um eine physikalisch messbare Größe handelt. Ich lade alle WissenschaftlerInnen herzlich ein, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Ich denke, es ist die Aufgabe der Wissenschaft, hier Klarheit zu schaffen.

Dr. Stefan Holzheu (03.07.2020)

Am 11.08.2020 wurde eine neue Seite veröffentlicht, die den Hauptgrund der gewaltigen Diskrepanz erklärt (vgl. Warum die Schalldrücke der BGR falsch sind)

Inzwischen hat die BGR den Rechenfehler bei den Schalldruckberechnungen eingeräumt. (vgl. BGR gibt Rechenfehler bei Schalldruckpegel zu - ABER!). Eine Richtigstellung für die falsche Aussage des "Wegmittelns" im ZDF-Film steht jedoch immer noch aus.

Infraschallmessungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Im ZDF-Bericht planet e (04.11.2018, vgl. ZDF planet e: Infraschall - Unerhörter Lärm) wurden die Infraschallmessungen der BGR als Widerspruch zu Messungen der Umweltämter dargestellt.

Dr. Lars Ceranna berichtet zunächst von seinen Messungen von 2004 an einer 200kW Windenergieanlage. Ausgehend von den Messergebnissen hat er ein Modell entwickelt, das die Infraschallpegel von stärkeren Anlagen vorhersagt. Die Kurven zeigt Herr Ceranna auch im ZDF-Beitrag:

Modell CerannaWährend bei den Messungen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) das Infraschallsignal des Windrads bereits in 700m Entfernung weitgehend im Hintergrund verschwindet, erklärt Herr Ceranna:

... so eine Anlage mit 5MW würde dann in knapp 20km Entfernung ein möglicherweise detektierbares Infraschallsignal produzieren. 

Zur Erklärung der Diskrepanz zeigt Dr. Lars Ceranna (BGR) folgende Kurve:

Folgender Text wird dazu berichtet:

Sprecherin: "... die blaue (Kurve) entspricht den ungeschönten Daten, zeigt klare Spitzen."

Ceranna: "Wenn ich Bänder betrachte, hätte ich hier z.B. die rote Kurve. Man sieht hier ganz klar, dass die Spitzen weggemittelt werden."

Es folgt der Schwenk auf den LUBW Bericht

Sprecherin (mit ungläubigem Unterton): "Eine derart geglättete Kurve lieferte dem Umweltbundesamt also das Argument, der Infraschall von Windenergieanlagen verschwinde im Rauschen des Hintergrunds."

Diskussion

1. Berechnung der Bandpegel von Lars Ceranna (BGR) entspricht nicht den Bandpegelberechnungen der LUBW

Bei den von Ceranna gezeigten roten und schwarzen Kurven handelt es sich (wahrscheinlich - zur exakten Berechnung hat sich Herr Ceranna trotz mehrfacher Nachfrage nie direkt geäußert) um PSD-Kurven (Powerspectraldensity) mit kleiner werdender Fensterlänge. PSD-Kurven geben die Signalstärke pro Hz an. Je kleiner die Fensterlänge, desto grober die Frequenz-Auflösung. In dieser Auswertemethode führt dies zu einer Wegmittlung von Spitzen.

Die Schmalbandpegel der LUBW sind jedoch keine PSD-Kurven, sondern Powerspektren mit 0.1Hz Frequenz-Auflösung. Dies wurde von der LUBW bestätigt. Bei Powerspektren ist der dB-Wert des Peakmaximums weitgehend unabhängig von der Auflösung. Die beiden Verfahren  sind in der folgenden Grafik gegenübergestellt (mehr zu den Verfahren siehe PSD vs. Powerspektrum - Hinweis zu Einheiten: Beim Verfahren Ceranna wurde die y-Achsenbeschriftung in Klammern gesetzt, weil nicht klar ist, was Ceranna eigentlich genau berechnet. Vom Verhalten scheint es sich grundsätzlich um PSD-Kurven zu handeln. Die Skalierung ist jedoch völlig falsch.

LUBW vs. BGR

Für die Spektren wurde ein gemessenes Infraschallsignal (ca. 30min) mit drei Sinussignalen (60dB bei 1,6Hz, 55dB bei 2,4Hz und 50dB bei 3,2Hz) überlagert. Die rote Linie im linken Plot entspricht den Schmalbandspektren der LUBW. Die Terzspektren werden durch Summierung der Schmalbandspektren berechnet. Dabei ist es (bis auf numerisch/statistische Effekte) unerheblich, mit welcher Pegelbreite die Schmalbandspektren berechnet wurden. Gut erklärt ist dies für Terz- und Oktavbänder in der Frage 1 der LUBW. Die Terz- bzw. Oktavbandpegel liegen immer oberhalb des größten Schmalbandpegels. In diesem Zusammenhang von einer Wegmittelung von Spitzen zu sprechen, ist nicht korrekt.

Im Grunde liefern beide Verfahren natürlich das gleiche Ergebnis. Die entscheidende Frage bei der Infraschalldiskussion um Windräder ist:

Wird das Infraschallniveau im Bereich der Flügeldurchgangsfrequenz (blade passing harmonics, BPH) durch den Betrieb der Windräder entscheidend erhöht?

In ihrer Studie hat die LUBW dazu Messungen bei laufendem Windrad (mit BPH) mit Messungen bei ausgeschaltetem Windrad (ohne BPH == Hintergrund) verglichen. Die folgende Grafik zeigt das Signal von oben ohne künstliche Sinussignale. Dies entspricht sozusagen der Situation bei abgeschaltetem Windrad (ohne BPH).

LUBW vs. BGR ohne BPH

Egal welche Linie man mit der entsprechenden Linie der Grafik mit BPH vergleicht, stellt man Unterschiede im Bereich der BPH-Frequenzen fest. Selbst für die stark geglättete 64 FFT-Linie der PSD-Kurven (Verfahren Ceranna) erkennt man eine deutliche Anhebung, wenn die künstlichen BPH-Signale hinzuaddiert werden. Selbstverständlich findet man auch in den betroffenen Terz-Bändern (1.6, 2.6, 3.2 Hz) eine Erhöhung des Pegels.

Bei ihren Messungen hat die LUBW festgestellt, dass sich die Infraschallniveaus bei laufendem und ausgeschaltetem Windrad bereits in 700m kaum unterscheiden. Dies kann eigentlich nur bedeuteten, dass keine sonderlich starken BPH-Signale vom Windrad ausgehen und leitet über zum zweiten Diskussionspunkt.

2. BGR Berechnungen überschätzen die Infraschalldrücke von modernen Windenergieanlagen um mehrere Größenordnungen

In jeder Infraschalldiskussion werden die Berechnungen der BGR von 2004 gezeigt. So auch im planet e Bericht. Diese Berechnungen fußen auf Hochrechnungen einer 200kW-Windenergieanlage. Dabei wird angenommen, dass die Infraschallleistung linear mit der Windradleistung skaliert und sich die Infraschallenergien von Einzelwindrädern in einem Windpark konstruktiv addieren.

Vergleicht man die Messungen der LUBW mit diesen Berechnungen, muss man feststellen, dass die Diskrepanz gewaltig ist. In den Schmalbandspektren (0.1Hz) der LUBW für ein REpower MM92 – 2,0 MW Windrad in 150m Entfernung erreicht der stärkste Peak ca. 73dB (Seite 19 LUBW-Bericht „Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen“). Die Vorhersage der BGR für ein Windrad ähnlicher Leistung (1,5MW-Kurve) und diesem Abstand liegt bei ca. 105dB. Das ist eine Diskrepanz von mehr als 30dB!

Auch neueste Messungen des Technischen Forschungszentrums Finnland (VTT) in einem Windpark mit siebzehn 3.3MW WEA mit Abstand von 200m zum nächsten Windrad zeigen bei einer mehrmonatigen Messung durchschnittliche Schalldrücke (Terzband, 1-5Hz) von 60dB. Im Maximum werden inklusive dem natürlichen Infraschall-Hintergrund 85dB erreicht (Abbildung B.1: Santavuori, emission measurement, equivalent sound pressure level).

Ebenso eigene Messungen am Windrad Harsdorf sowie am Windpark Sessenreuth lieferten deutlich niedrigere Schalldrücke (vgl. Messkampagne Windrad Harsdorf 05/2020 bzw. Messungen am Windpark Sessenreuth). Selbst frühe Messungen von Betke & Remmers (1998!!) an einer Enercon E-40 (500kW) zeigten lediglich Schalldrücke von ca 60dB in 200m im Gegensatz zu knapp 100dB, wie sie durch das BGR-Modell durch ein Windrad ähnlicher Leistung (600kW) vorhergesagt werden. Des weiteren führte das Bayerische Landesamt für Umweltschutz in den Jahren 1998 bis 1999 Messungen an einer 1-MW-Windkraftanlage  durch (HAMMERL C.,FICHTNER,J.: Langzeit-Geräuschimmissionsmessungen an der 1-MW-Windenergieanlage Nordex N54 in Wiggensbach bei Kempten (Bayern); Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Januar 2000). Auch diese Messungen lieferten Terzpegel bei 2Hz von lediglich 65dB (unbewertet).

Kritik bekommt die LUBW immer wieder dazu, dass die Frequenzauflösung 0,1Hz zu gering sei. Wie oben ausgeführt ist die Auflösung nach meinem physikalischen Verständnis völlig ausreichend. Produziert ein Windrad im Betrieb ein entsprechend starkes Infraschallsignal, sollte sich dieses auch mit der entsprechenden Amplitude in den Schmalband- und Terzspektren niederschlagen.

Woher kommt der Unterschied zwischen LUBW und BGR?

Der Hauptgrund für den gewaltigen Unterschied ist ziemlich banal. Ceranna scheint einen Rechenfehler in seiner Schalldruckpegel-Berechnung zu haben.

Die folgende Abbildung zeigt einen Abschnitt aus dem primären Drucksignal (mit Hochpassfilterung - Abbildung 2 Ceranna 2009). Das Drucksignal ist die Grundlage für die Schalldruckberechnungen.

Drucksignal - CerannaDie Amplitude des gezeigten Drucksignals beträgt ca. 0.08Pa. Schätzt man damit den Gesamtsignalgehalt als Sinus ab, erhält man 69dB re 20µPa (Rechenvorschrift: 20*log10(0.08Pa/sqrt(2)/20µPa) ). Tatsächlich dürfte der Gesamtsignalgehalt der gezeigten Zeitreihe noch etwas niedriger liegen, da es natürlich kein reiner Sinus ist und die hohen Ausschläge relativ kurz sind.

Bei der Berechnung eines Einzelsignals über die PSD werden jedoch plötzlich 90dB allein für die 2. BPH (Flügeldurchgangsharmonische) für die gleiche Entfernung und Umdrehungsgeschwindigkeit angegeben (Abbildung 5 Ceranna 2009):

BPH-Signale

Es ist eine physikalische Unmöglichkeit, dass bei einem Gesamtsignalgehalt von <69dB ein Einzelsignal von 90dB vorhanden sein soll! Der Gesamtsignalgehalt ist die RMS-Summe der Einzelpegel. Ein Schalldruckpegel von 90dB müsste sich in Druckschwankungen mit einer Amplitude von - andere Frequenzen kommen ja noch dazu - mindestens 0,89Pa in der Zeitreihe zeigen (Rechenvorschrift: sqrt(2)*20µPa*10^(90/20) ).

Wie oben ausgeführt arbeitet Ceranna mit der PSD Darstellung. Für Spektren ist die Dichtedarstellung nicht unüblich. Zur Berechnung eines Signalgehalts muss analog der Wahrscheinlichkeitsdichte die Peakfläche berechnet werden. Bei dieser Intergration muss ein Rechenfehler in der Größenordnung von 30dB vorliegen.

Ein weiterer Punkt betrifft die Leistung des von Ceranna vermessenen Windrads. Ceranna gibt dieses mit 200kW an. Nach verschiedenen Datenblättern (Vestas V47, Vestas V47 de) von Vestas ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass es sich tatsächlich um eine WKA mit zwei Generatoren 200kW und 660kW. Bei 26rpm ist der große Generator aktiv. Durch die falschen Normierung auf 200kW statt korrekt 660kW erhöhen sich die Modellwerte um weitere 5dB.

Neben diesem Rechenfehler und der falschen Normierung, die den Großteil des Unterschieds erklären, kommt noch die Veränderung in der Windradtechnik dazu. Moderne Windräder ändern ihre Umdrehungsgeschwindigkeit sehr dynamisch mit der Windgeschwindigkeit. Sie reagieren sogar auf einzelne Böen (Pitch-Regelung).

Hier ein Verlauf der Leistung des Windrads in Harsdorf sowie die aus der Rotationsfrequenz errechnete Lage der zweiten bis vierten BPH. Die Windraddaten wurden mir freundlicherweise von der Betreiberfirma zur Verfügung gestellt. Die Infraschallmessung wurde von mir im Abstand von 300m zum Windrad durchgeführt.

Spektrogramm Altenreuth mit Windraddaten 29./30.05.2020Man kann erkennen, dass das Windrad eine sehr variable Drehzahl aufweist. Die Breite der grünen Bänder markiert die Schwankungsbreite innerhalb eines 10 Minuten-Intervalls. Die Schwankungsbreite liegt bei durchschnittlich 15% und hängt starkt von der Böigkeit des Windes ab. Dieses weichere Verhalten führt zu deutlich niedrigeren Schallemissionen (pro MW-Leistung) als bei Anlagen mit fester Umdrehungszahl. Das belegen auch Schallmessungen, die jeder Windradhersteller für die Genemigung seiner Anlagen vorweisen muss. Die Messungen der LUBW, des VTT und von mir legen nahe, dass mit den niedrigeren Schallemissionen pro MW-Leistung auch deutlich niedrigere Infraschallemissionen einhergehen.

Eine Hochrechnung von einer kleinen WEA mit fester Drehzahl ("Stall-Regelung") auf große Anlagen mit variabler Drehzahl ("Pitch-Regelung") ist wissenschaftlich fragwürdig!

In allen Veröffentlichungen zeigt Herr Ceranna Frequenzspektren mit sehr schmalen Peaks. Auch in der E-Mail-Diskussion hat Herr Ceranna immer von "schmalbandigen Signalen" gesprochen. Es scheint eine weit verbreitete Vorstellung zu sein, dass Windenergieanlagen irgendwie mit einem Getriebe und einem Generator direkt Strom ins Netz einspeisen. Ich muss zugeben, ich hatte diese Vorstellung bis vor einem halben Jahr auch noch! Mit dieser Vorstellung erwartet man konstante Umdrehungszahlen und schmalbandige BPH-Signale. Tatsächlich arbeiten alle modernen Windenergieanlagen mit "Generator - Gleichrichter - Wechselrichter". Die Umdrehungszahl wird dynamsich den Windverhältnissen angepasst. Das Harsdorfer Windrad hat z.B. einen Regelbereich von 6-21 Rotationen pro Minute, und auch das obere Ende ist nicht fix und wird im Betrieb immer wieder leicht überschritten, falls der Wind plötzlich stärker wird. Egal wie lange man misst und welche Frequenzauflösung man für die Auswertung verwendet, wird man an modernen Windenergieanlagen in der Regel keine schmalbandigen BPH-Signale messen können. Die folgende Grafik erläutert diesen Sachverhalt. Sie zeigt Frequenzspektren mit unterschiedlicher Messzeit und unterschiedlicher Frequenzauflösung. Die Daten wurden in 300m Entfernung von Windrad in Harsdorf aufgenommen (vgl. Messkampagne Windrad Harsdorf 05/2020).

Frequenzspektren - WindradDie Veränderung der Windradtechnik könnte für weitere 10dB (bzw. 5dB) verantwortlich sein. So messen Blumendeller et al. (2020) an einem 2MW Windrad in 240m Entfernung ähnliche Durckschwankungen (Abbildung 14) wie Ceranna an einem 200kW (bzw. 660kW) Windrad bei 200m Abstand.

Abschlussbericht weist Fragen auf

Auch der Abschlussbericht (Der unhörbare Schall von Windkraftanlagen) der BGR weist in meinen Augen Fragen auf. Nach Abbildung 3 wurde im Jahr 2014/15 der Windpark Uthlede II mit 12 x 2750kW errichtet. Der Abstand zur Messstation beträgt ca. 7km. Ein Windpark in dieser Größenordnung sollte nach den Berechnungen von Lars Ceranna (Abschätzung aus Kurve für 1,5MW -> 60dB in 7km + 10,8dB für 12 Windräder) zu Schalldrücken an der Station von ca. 71dB führen. In der Abbildung 6 ist jedoch keine Veränderung der Muster durch die Inbetriebnahme des Windparks zu erkennen. Auch fehlt jegliche Zuordnung der detektierten Frequenzen zu technischen Daten der Windenergieanlagen (insbesondere die Umdrehungszahl zum Messzeitpunkt). Es wird lediglich festgestellt:

"Die farbliche Darstellung der Schalldruckpegel zeigt Signaturen von Windkraftanlagen als horizontale Linien mit erhöhten Dezibel-Werten".

Wie im Spektrogramm und den Frequenzspektren oben zu sehen, zeigen moderne Windenergieanlagen gar keine schmalbandigen frequenzkonstanten BPH-Signale. Es ist fraglich, ob die horizontalen, schmalbandigen Linien wirklich von Windrädern stammen.

 

Gesellschaftliche Relevanz des Themas

Die westlichen Demokratien fußen auf dem Prinzip der Aufklärung. Wichtige gesellschaftliche Entscheidungen müssen auf Basis von nachvollziehbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen getroffen werden. Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtschaffenheit der Institutionen (Universitäten, Behörden und Ämter) ist ein ganz wichtiger Baustein für das Funktionieren einer Demokratie.

1. "Wegmittelung von Infraschallspitzen durch die Behörden" (L.Ceranna, planet e, 2018)

Das "Wegmitteln von Infraschallspitzen durch die Behörden" ist bei Windkraftgegnern ein ständig wiederholter Vorwurf. Mit der Aussage von Herrn Ceranna (BGR) haben sie die "hochoffizielle" wissenschaftliche Bestätigung für diesen Verdacht erhalten. Abweichende Aussagen einer angesehen Bundesanstalt wie der BGR und des UBA bzw. der Landesumweltämtern liefern Populisten willkommene Argumente, grundsätzliche Zweifel an der Rechtschaffenheit der Institutionen zu streuen. Das kann nicht im Interesse der BGR, des UBA und der Landesumweltämter sein.

2. Abschätzung von Infraschalldrücken mit veralteten Annahmen und falschen SPL Berechnungen (Modell BGR, Ceranna 2009)

Gerade vor dem Hintergrund der aktuell laufenden Abstandsdiskussion bei Windenergieanlagen sind Aussagen wie "die Signale von WEA sollten sich noch in 20km Abstand detektieren lassen" hoch brisant. Die Frage des Schalldrucks von WEA ist bei Windkraftgegnern ein großer Diskussionspunkt (z.B. https://www.windwahn.com/2020/03/03/spannender-diskurs-zur-unterschiedlichen-qualitaet-der-messungen-von-lubw-und-bgr/). Auch wenn die BGR klar Stellung bezieht, dass die Schalldrücke immer noch unter der Wahrnehmungsschwelle liegen, sind diese Aussagen geeignet, große Unsicherheit in der Bevölkerung zu erzeugen. Daher sollte es im Interesse der BGR sein, dieses einfache Modell zu überprüfen und an die deutlich niedrigeren Infraschalldrücke der modernen Windenergieanlagen anzupassen.

 

UnterstützerInnen:

Wir halten diese Diskussion für relevant und unterstützen die Bitte um eine wissenschaftliche Stellungnahme der BGR.

  • Prof. Dr. Thomas Foken (pens.), Mikrometeorologie, Universität Bayreuth
  • Dr. Jan Hutta, Geographisches Institut, Universität Bayreuth
  • Prof. Dr. Stephan Kümmel, Theoretische Physik IV, Universität Bayreuth
  • Prof. Dr. Martin Obst, Experimentelle Biogeochemie, Universität Bayreuth
  • Dr. Birgit Thies, BayCEER, Universität Bayreuth

 

 

 

 Dr. Stefan Holzheu, letzte Änderung 16.09.2020 12.40 Uhr.

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Änderungsverlauf:

09.04.2020, 08:39
- Korrekturen kleinerer Tippfehler und kleinere Änderungen der Formulierung
- Ergänzende Erklärung zum Absinken des Rauschniveaus in Abhängigkeit der FFT-Auflösung
- Ergänzung zu offenen Fragen zum BGR Abschlussbericht

10.04.2020, 11:15
- Aufnahme des Abschnitts "Gesellschaftliche Relevanz des Themas"
- Kleinere Änderungen in Formulierungen

16.04.2020 12:10
- Nach erneuter E-Mail Diskussion mit Lars Ceranna konnte die Berechnung der in planet e gezeigten Kurven geklärt werden. Der Abschnitt wurde entsprechend angepasst.

27.04.2020 19:00
- Erklärung mit Grafik zum Verfahren von Lars Ceranna
- Kürzung der zweiten Frage

28.04.2020 08:00
- Aufnahme von Grafik ohne BPH, um Vorgehen des LUBW zum Infraschallhintergrund zu erklären

23.05.2020 13:40
- Aufnahme Querverweis PSD vs. FFT

08.06.2020 06:30
- Grafik Verfahren LUBW/Ceranna aktualisiert (quadratische Mittlung auch bei der Berechnung der Schmalbandspektren - vorher linear)

14.06.2020 15:20
- Aufnahme der Modelldaten Ceranna

22.06.2020 12:00
- Aufnahme VTT-Bericht

23.06.2020 22:00
- Einarbeitung Rückmeldung der LUBW
- Aufnahme Links zu eigenen Messergebnissen
- Aufnahme Grafik mit Infraschallspektrum Windrad Harsdorf

03.07.2020 07:00
- Öffentliche Verlinkung der Seite
- Änderung des einleitenden Kommentars
- Verlängerung des Abschnitts zur Windradtechnik
- Löschung des E-Mail-Zitats
- Aufnahme der Grafik mit Frequenzspektren unterschiedlicher Messzeit sowie Frequenzauflösung

05.07.2020 13:00
- Aufnahme des Punkts UnterstützerInnen
- Aufnahme der Begriffe "Stall- und Pitch-Regelung"

13.07.2020 14:00
- Aufnahme des Literaturzitats Betke & Remmers (1998) als früher Beleg für deutlich niedrigere Schalldrücke

23.07.2020 09:00
- Aufnahme des SPL-Rechenfehlers
- Aufnahme des Literaturzitats HAMMERL C.,FICHTNER,J (2000)

11.08.2020 23:00
- Aufnahme des Links auf die neue Erklärseite des BGR Rechenfehlers in den einleitenden Kommentar.

16.09.2020 12:40
- Aufnahme des Hinweises zur Achsenbeschriftung beim Verfahren Ceranna
- Aufnahme der Vermutung, dass es sich um eine 660kW WEA statt der angegebenen 200kW gehandelt hat.

12.05.2021 08:30
- Änderung der Achsenbeschriftungen in den Grafiken LUBW vs. Ceranna

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