Infraschall im Gebäude - 350m vom Windrad

Immer wieder behaupten Windkraftgegner, Infraschall sei im Haus sogar noch größer als draußen (z.B. Faktencheck #2: Vernunftkraft und Infraschall). Vor zwei Wochen hat mich sogar ein Gutachter angerufen und ebenfalls diese Behauptung aufgestellt. Auch der Gutachter Sven Johannson, der im ZDF-Film planet e: Infraschall - Unerhörter Lärm zu sehen ist, sagt dies im Interview.

Auffällig ist, dass weder die Windkraftgegner noch diese Gutachter eine Messung als Beleg für ihre Behauptung präsentieren. Dabei wäre dies ja einfach. Ein Messgerät außen, ein Messgerät innen und die Pegel vergleichen. Bisher hatte ich lediglich Innenraummessungen bei uns im Haus durchgeführt. Unser Haus ist jedoch 2,7km vom Windrad entfernt. Windradsignale sind außen bereits kaum zu detektieren (Messkampagne Windrad Harsdorf 05/2020). Auffällige Infraschallsignale vom Windrad waren auf keiner Innenmessung.

Am Wochende vom 12.03.2021 bis 14.03.2021 durfte ich zwei Messgeräte bei Freunden betreiben, deren Wohnhaus nur 350m vom Windrad entfernt ist. Um die Dämpfung zu quantifizieren wurde zusätzlich ein Messgerät außerhalb des Hauses aufgestellt.

Spektrogramm außen

Spektrogram Oberaltenreuth (350m vom Windrad)

Abbildung 1: Spektrogramm der Außenmessung mit Betriebdaten des Windrads

Das Wochenende 12.-14.03.2021 war in ganz Deutschland ein sehr windig. Zeitweise lagen die Strompreise so niedrig, dass der Direktvermarkter das Windrad abregelte. Man sieht sowohl Betrieb als auch Abregelung gut im Spektrogramm. Die gebänderte Struktur zeigt die Flügeldurchgangsharmonischen (blade passing harmonics = BPH). Sehr gut passen die Harmonsichen zu den aus den Betriebsdaten errechneten Frequenzen (gepunkte weiße Linien für 2.-4. BPH).

Spektrogramm Innen

Spektrogram Innen (350m vom Windrad)

Abbildung 2: Spektrogramm der Innenmessung in der Küche mit Betriebdaten des Windrads

Das Spektrogram mit der Innenmessung zeigt einen sehr deutlichen Tag/Nacht-Rhythmus. Wie schon mehrfach auf diesen Seiten beschrieben (z.B. Tanzen und Infraschall), erzeugt Bewegung im Haus immer Infraschall. Dieser Infraschall überdeckt den von außen eingetragenen Infraschall deutlich.

Vergleicht man die Nachtabschnitte mit den gleichen Abschnitten in Abbildung 1 erkennt man bereits, dass die Infraschallpegel deutlich gedämpft werden. Die gebänderten Strukturen des Windradsignals verschwinden fast vollständig. Das bedeutet, eine geschlossene Gebäudehülle dämpft auch Infraschall. Einen speziellen Effekt gibt es in Gebäuden jedoch tatsächlich: Resonanzen - sogenannte Raummoden. Diese Resonanzen liegen bei der halben Wellenlänge. Bei 10m Raumgröße liegt die Resonanzfrequenz bei (340m/s) / (2*10m) = 17Hz. Man erkennt diese Raummoden als breitere Bänder im Bereich zwischen 10 und 20Hz.

Die grau hinterlegten Bereiche werden in der nächsten Grafik gesondert betrachtet. Es sind fünf Abschnitte ohne Bewegung und ein Abschnitt mit Bewegung im Haus.

Quantifizierung der Dämpfung

Vergleich Frequenzspektren Innen und AußenAbbildung 3: Frequenzspektren in der Reihenfolge der markierten Zeitbereiche aus Abbildung 2

Der Vergleich der Schalldruckpegel zeigt folgendes Bild:

  1. Im Bereich 1-10Hz liegen die Schalldruckpegel der Innenmessung mit Ausnahme von Teilabbildung 4 (> 1 MW Leistung - Bewohner wach) deutlich unter der Außenmessung. Die höheren Schallpegel in Teilabbildung 4 sind eindeutig Bewegungen im Haus zuzuschreiben.
  2. Flügeldurchgangsharmonische können auch im Haus detektiert werden. Jedoch sind sie stark abgeschwächt (insbesondere Teilabbildung 3 - 500kW Leistung). Die Dämpfung in diesem Bereich beträgt 10-20dB
  3. In der ersten Teilabbildung ("Fenster offen") ist die Dämpfung vergleichsweise klein. Zum diesem Zeitpunkt war wahrscheinlich ein Fenster oder eine Tür zum Haus offen, sodass es tieffrequente Druckschwankungen vergleichsweise leicht hatten, in die Wohnung zu gelanden.
  4. Im Bereich 10-20Hz liegen mehrere Raummoden. Diese sind durchgehend vorhanden, auch wenn das Windrad abgeregelt wurde

Der keine Peak in der schwarzen Linie im letzten Bild bei 9Hz ist übrigens das Infraschallsignal der 2,6km entfernten Mälzerei (Infraschallsignale in Harsdorf).

 

Terzspektren innen und außen für verschiedene Zeiten

Abbildung 4: Terzpegel in der Reihenfolge der markierten Zeitbereiche aus Abbildung 2 im Vergleich zur Wahrnehmungsschwelle

Abbildung 4 zeigt die gleichen Zeitabschnitte als Terzpegel. Terzpegel werden benutzt, um die Wahrnehmbarkeit zu bewerten. Sowohl innen als auch außen sind die Pegel weit unter der Wahrnehmungsschwelle. Besonders groß ist der Abstand im Bereich der für Infraschall der Windenergieanlage relevanten Frequenzen 1-5Hz.

Auch im Bereich der Raummoden (10-20Hz) bleiben die Pegel deutlich unter der Wahrnehmungsschwelle. Bei allen Plots ohne Bewegung im Haus kann man außerhalb der Raummoden eine deutliche Dämpfung des Infraschallpegel innen im Vergleich zu außen feststellen.

 

Fazit:

Die Ergebnisse bestätigen die Resultate anderer Wissenschaftler. Auch Leventhall, Geoff. (2013) (Concerns about Infrasound from Wind Turbines. Acoustics Today. 9. 30. 10.1121/1.4821143) hatte sehr ähnliche Dämpfungen festgestellt. Resonanzen gibt es zweifelsfrei in Gebäuden. Diese werden jedoch zum kleinsten Teil durch den Infraschall des Windrads angeregt und sind auch vorhanden, wenn das Windrad kaum Infraschall produziert (siehe abgeregelter Betrieb).

Die Behauptung, dass sich Infraschall nicht durch Mauern aufhalten lässt, ist nur zutreffend für offene Bauwerke. Lärmschutzwände oder -wälle dämpfen Infraschall kaum. Das ist aber bei diesen Pegeln auch nicht notwendig. Eine geschlossene Gebäudehülle reduziert sowohl die hörbaren Schallpegeln als auch die Infraschallpegel.

Die maximalen Infraschallpegel liegen um 60dB und sind sehr weit von der Wahrnehmungsschwelle entfernt. Diese ist bei 2,5Hz bei 120dB. In Schallleistung entsprechen 60dB Abstand einem Faktor 1.000.000. Daher ist es auch vom Infraschall kein Problem, in 350m Abstand vom Windrad bei offenem Fenster zu schlafen. Natürlich ist das Windrad in dieser Entfernung nicht immer völlig lautlos. Je nach Windrichtung und Betriebszustand, kann man die Flügelgeräuche außen oder bei geöffneten Fenster hören.

Das Altenreuther Windrad ist jetzt über 20 Jahre im Betrieb. Über Infraschall hat noch keiner der Anwohner geklagt. Und auch die hörbaren Geräusche beschreiben die Bewohner als kaum störend. Da sind die nahe Autobahn A9, Mähdrescher, Traktoren oder Rasenmäher deutlich lauter.

 

Daten + Auswertung:

https://cloud.bayceer.uni-bayreuth.de/index.php/s/wHoYOPtsNI2uPrL

 

 

 

 

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